Fast 70 Konzerte: Helene Fischer startet gigantische Tournee

Die Proben sind anstregend, aber auch der Spaß kommt nicht zu kurz. Foto: Oliver Berg

Die Realität ist aber eine andere. Man ist in Dortmund. Es ist September. Und Deutschlands größter Show-Star steht in einer Räumlichkeit, die den kargen Charme einer Schulsporthalle versprüht. Sie blendet das aus. Ein paar Schritte zurück, dann die Arme hoch. Viva la Vida!

Ziemlich bald dürfte man den Tanz in einem pompöseren Umfeld sehen. Am 12. September beginnt in Hannover die neue Tour von Helene Fischer, sie soll gigantisch werden. So gigantisch, dass man für die Proben die Dortmunder Westfalenhalle und auch Nebenräume – etwa für das Tanztraining – blocken musste. Wenn Helene Fischer kommt, ist nur noch wenig Platz für anderes.

«Ich habe mit dieser Show bewusst eine Herausforderung für mich gesucht und habe sie auch bekommen», sagt Fischer im Gespräch. Sie meint damit auch die körperlichen Strapazen. Denn: Die neue Produktion entsteht in Zusammenarbeit mit Akrobaten von Cirque du Soleil. Fischer muss durch die Luft wirbeln, springen und an Seilen fliegen. Dafür braucht sie Kraft, vor allem auch in den Armen. «Ehrlich gesagt habe ich mich immer ein wenig zurückgehalten, viele Klimmzüge und Bizeps-Übungen zu machen, da ich dazu neige, schnell Muskeln – vor allem im Oberkörper – aufzubauen», sagt sie. Aber nun müsse das sein. «Gerade jetzt habe ich nahezu täglich mit anderem Muskelkater zu kämpfen.»

In der Westfalenhalle steht eine 26 Meter breite Riesen-Bühne. Vormittags sind Artistik-Proben, nachmittags spielt dort die Band, am Abend gibt es Einzelproben und in der Nacht läuft die Lichtprogrammierung. Parallel wird im Tanzstudio geschwitzt und in einer eigens eingerichteten Schneiderei an Kostümen gebastelt. Sogar ein Physiotherapeut wurde engagiert. Es ist ein bisschen so, als ob sich die Nationalmannschaft auf eine WM vorbereitet.

Vielfach wurde die Technik extra für die Show angefertigt. Allein rund 110 Tonnen hängen an der Decke. «Das ist alles extrem aufwendig. Wir haben allein 33 Trucks, die das Material zwischen den Tour-Orten bewegen», sagt Alexander Spengler, verantwortlich für die technischen Abläufe. Er hat Fischer seit dem Anfang ihrer Karriere begleitet. «Man kann sagen, dass sich die Produktionsgröße von Tour zu Tour verdoppelt hat. Das ist eine ganz steile Kurve.»

An den Stationen soll der Aufbau rund 30 Stunden dauern, viel mehr als bei anderen deutschen Produktionen. Dafür bleibt allerdings auch alles länger stehen als normal. Fischer tritt nicht jeden Tag in einer anderen Stadt auf – sie gastiert immer gleich eine ganze Woche. Vermutlich würde sich kein anderer deutscher Musiker so eine Zugkraft zutrauen. Auch wenn es noch Karten zu kaufen gibt.

Viele kluge Leute haben sich in den vergangenen Jahren auf die Suche nach den Gründen für ihren Erfolg begeben. Nüchtern betrachtet kann man sagen: Sie hat Talent, arbeitet hart und trifft kluge Entscheidungen. Und sie hat Hits wie «Atemlos durch die Nacht». Wer es feuilletonistischer mag, kann sie als perfekte Pop-Künstlerin der Merkel-Jahre sehen: unaufgeregt, skandalfrei, diszipliniert. Alles Irritierende perlt an ihr ab. Gut, es gab Pfiffe während ihrer Show beim DFB-Pokalfinale. Aber selbst da setzte sich schnell die Lesart durch, dass sie nicht Helene, sondern der Voll-Eventisierung des Fußballs an sich galten.

Es ist allerdings auch ein schmaler Grat. Die Deutschen mögen Perfektion, aber keine Stars aus einem anderen Universum. Und dann so ein Gigantismus? «Es ist eine große Bühne, aber sie soll zugleich intim wirken, also klein», besänftigt Omar Sharif Mukhtar, der sich die neue Show ausgedacht hat. Entscheidender Satz: «Helene will nah an den Leuten sein, sie nicht verlieren.»

Der Brite spricht zwar nicht die Sprache, in der Fischer singt, hat aber Visionen. Man feiere mit der Show auch ihre Karriere, die gerade einen Höhepunkt erreicht habe. «Sie hat Deutschland erobert. Wir wollen ihr helfen noch einen Schritt weiter zu gehen. Sie kann noch mehr erobern, nicht nur Europa.»

Helene Fischer allerdings argumentiert eher im Hier und Jetzt. «Ich bin jetzt 33 Jahre alt. Ich weiß nicht, ob ich diese Art von Show in zehn Jahren auch noch machen möchte. Daher ist das jetzt genau der richtige Zeitpunkt.» Fast 70 Shows wird sie spielen. Und dann noch eine Stadion-Tour. Und danach? «Ich glaube, dann mach‘ ich erstmal Urlaub», sagt sie.

Bildquelle:

  • Helene Fischer: dpa

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