„Fake News“ und „Correctiv“: Wie die Glaubwürdigkeit von Facebook erschüttert wird

Gastbeitrag von CHRISTOPHER PETER

Hurra! Wir haben einen neuen Kampfbegriff. Nach Hate-Speech schwappt jetzt der Begriff Fake-News von der anderen Seite des Atlantiks zu uns herüber. Sowohl der Brexit in Großbritannien als auch der Wahlsieg Trumps haben eine breite öffentliche Diskussion darüber ausgelöst, wie falsche Nachrichten (Fake News) und Hass-Botschaften (Hate Speech) in sozialen Netzwerken Wahlen beeinflussen können. Auch in Deutschland ist im Herbst Bundestagswahl. Bereits jetzt gibt es erste Versuche, den Kampf um die Wahrheit zu instrumentalisieren.

Wer will bestimmen, was Fake-News ist oder pointierter meinungsstarker Journalismus –  Lüge oder bloß schlechte Recherche? Falschmeldungen gibt es auch in etablierten Medien, nicht nur im Netz. Der Begriff wird inzwischen inflationär verwendet. Schon eine harmlose Eilmeldungspanne, wie jüngst beim Spiegel, wird in den sozialen Medien hämisch als Fake-News kommentiert. Der US-Präsident Donald Trump stempelte sogar den Nachrichtensender CNN als Fake-News ab, weil dieser unbegründete Gerüchte über sexuelle Eskapaden veröffentlichte. Im sogenannten Fall Lisa versuchten russische Medien das tagelange Untertauchen eines russlanddeutschen Mädchens propagandistisch für sich auszuschlachten. Die Debatte wird immer hysterischer. Bundesminister Heiko Maas fordert unverblümt: „Wer News fälscht soll in den Knast!“ Müssen sich jetzt CNN und Russen Sorgen machen? Es ist klüger, erst einmal verbal abzurüsten.

In welch gefährliches Fahrwasser sich die Akteure begeben, sieht man am jüngsten Versuch von Facebook mittels des Recherchezentrum „Correctiv“, ein Zusammenschluss von gut 20 Journalisten, fragwürdige Meldungen auf Facebook zu überprüfen und gegebenenfalls als Falschmeldung zu kennzeichnen. Mit einem Stempel.

Mittels welcher Kriterien hier vorgegangen werden soll, ist jedoch völlig unklar. Auch die Behauptung von Correctiv-Gründer David Schraven, nur neue Medien überprüfen zu wollen, lässt aufhorchen. Einer der bekanntesten, eher linksliberalen Medienjournalisten, Stefan Niggemeier, schrieb schon vor einer Woche: „Wenn die etablierten Medien diesen Kampf nicht als einen Kampf gegen Desinformationen aller Art führen, sondern als einen Kampf Wir gegen Die; (…) dann haben sie keine Chance, diesen Kampf zu gewinnen.“

Es verwundert, dass Correctiv bereit ist, pro bono als „Wahrheits-TÜV“ die Verbreitung von Nachrichten zu überprüfen. Und das auf einem der Kernmärkte von Facebook mit 28 Millionen deutschen Nutzern. Nicht Facebook trägt die Kosten, Correctiv ist spendenfinanziert und unabhängig. So unabhängig, wie man eben sein kann, wenn man von Großspendern mit Agenda spendenfinanziert ist.

Gründungsvorsitzender der Ethik-Kommission, die die Arbeit von Correctiv fachlich begleitet, ist der ehemalige SPD- Wahlkampfleiter und Architekt des SPD-Wahlsieges von 1998, Bodo Hombach. Was für ein Zufall, dass er als Vorstand der SPD-affinen Brost-Stiftung das Recherchekollektiv als Hauptspender jährlich mit einer Million Euro versorgt.

Dass Correctiv in seinen Kampagnen nicht ganz so sauber recherchiert, wie sie es nach außen gerne vorgeben, zeigt ihre Recherche über Krankenhauskeime, bei der Correctiv massiv zurückrudern und falsche Ergebnisse aus dem Netz nehmen musste. Laut linker TAZ „eine Blamage im Großformat“. Da nimmt sich das Ausrufen von Hillary Clinton als Siegerin am Tag der US-Präsidentenwahl per Email-Newsletter und die höhnische Empfehlung an Donald Trump doch zum Psychologen zu gehen eher als harmlose Fake-News-Panne aus.

Für eine dringend gebotene Neutralität und Seriosität von Internet-Faktencheckern lässt dies jedoch nichts Gutes erwarten. Ebenso wenig die anbiedernden Texte über den Wahlkampf der SPD-Landeschefin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft. Der geneigte Leser erfährt viel über „die Strahlkraft der Führungsfigur Hannelore Kraft“ Texte enden mit der Empfehlung: „Hört und schaut Euch Hannelore Kraft an.“ Der geneigte Leser erfährt, „Warum es sich lohnt, die SPD im Revier zu wählen“. Berichte über die Grünen, FDP oder die CDU sind weitestgehend Fehlanzeige. Ein Schelm, wer hier an Wahlkampfhilfe für die SPD in ihrem Kernland denkt. Auch hier scheint die Handschrift des wohl erfolgreichsten politischen Strippenziehers und SPD-Spindoctors, Bodo Hombach, durch.

Warum stattet Facebook einer aus SPD-nahen Kreisen finanzierten Journalistentruppe mit einer bundesweiten Beeinflussung von Inhalten auf ihren Seiten aus? Gerade in letzter Zeit haben diese sich nicht gerade mir Ruhm bekleckert und sind eher durch schlechte Recherche und einseitige Berichterstattung aufgefallen. Darüber lässt sich nur spekulieren.

Doch auch bei Facebook scheinen die SPD-Netzwerke gut zu funktionieren. Die Cheflobbyistin für den Bereich Public Policy für Deutschland hatte vor ihrem Chefposten bei Facebook in Berlin und Brüssel als Referentin für SPD-Abgeordnete gearbeitet. Auch ihre ehemalige Chefin, die SPD-Europaabgeordnete Erika Mann, hat die Seiten gewechselt und vertritt inzwischen den Internetgiganten in Brüssel.

Solche Konstellationen erschüttern die Glaubwürdigkeit von Politik, Medien und insbesondere Facebook. Hier geht nicht um Fake News. Hier geht es darum sich im Wahljahr die politische Deutungshoheit in sozialen Medien zu sichern. Es geht um Kontrolle und nicht um Information.

 

Bildquelle:

  • Fake News: dpa

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