Liebe Leserinnen, liebe Leser,
so habe ich den braven CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen noch nicht erlebt. Im Interview bei Marietta Slomka redete er gestern Abend im ZDF Klartext, wie man es von deutschen Politikern nicht mehr gewohnt ist – jedenfalls von denen der etablierten Parteien nicht. Der Mordanschlag auf den bekanntesten russischen Oppositionspolitiker Alexej Navalny trägt ganz klar die Handschrift des russischen Geheimdienstes. Ein Nervengift haben die Experten im Münchner Labor für Pharma- und Toxikologie im Körper Navalnys nachgewiesen – ähnlich dem, mit dem vor zwei Jahren in Großbritannien bei einem Anschlag auf den Überläufer Sergej Skripal verübt wurde. Wahrscheinlich wurde es Navalny mit einer Tasse Tee am Tag des Anschlags verabreicht.
Wer glaubt, das Putin-Regime sei „unser Freund“, der muss beide Augen fest zusammenkneifen, um nicht zu sehen, dass hinter Anschlägen wie diesen oder dem Mord im Berliner Tiergarten an einem Georgier zuletzt oder dem Mord an Litwinenko in London mit Polonium ein klares Muster steht. Und die Spur führt nach Moskau. Röttgen bennnte gestern Ross und Reiter im ZDF. Es geht, so sagte er, der russischen Führung darum, das lange und qualvolle Sterben des Opfers öffentlich vorzuführen – als Abschreckung für andere, die aufmucken wollen.
Und Röttgen kann sicher sein, dass bereits heute die mediale Maschinerie der Putin-Freunde auch in Deutschland wieder anlaufen wird. Die haben inzwischen unter den gelangweilten Augen der deutschen Sicherheitsdienste, die mit dem Fangen von „Reichsbürgern“ beschäftigt sind, ein dicht gestricktes Netzwerk über unserem Land ausgeworfen. Das reicht von Kulturvereinen und Stiftungen über Redaktionsstuben bis in den Deutschen Bundestag, wo bekanntermaßen einzelne Abgeordnete eine ganz andere Agenda haben, als die, unser Land voranzubringen und Gefahren von ihm abzuwenden. Aus unterschiedlichen Parteien übrigens.
Der brillante Journalist Boris Reitschuster, ich bin stolz ein Freund von ihm zu sein, hat 2016 ein Buch mit dem Titel „Putins verdeckter Krieg“ veröffentlicht, in dem der Autor, der 16 Jahre Redaktionsleiter des FOCUS in Moskau war, viele dieser Netzwerke in Deutschland beschreibt und auch Namen nennt. In einem Kapitel scheibt er ausführlich über den CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff, dreifacher Familienvater, ein gläubiger Mensch, der gern wanderte, Ski fuhr und im Garten arbeitete, wie die Süddeutsche Zeitung ihn beschrieb. Schockenhoff war nach der Annektion der Krim durch Russland der schärfste Kritiker Putins in der deutschen Politik, der auch gegenüber der eigenen Bundesregierung auf harte Sanktionen drängte, die dann eingeleitet wurden. Und eines Tages war er plötzlich tot, im Alter von 57 Jahren, in der Sauna verstorben. Natürlicher Tod, wie es hieß.
Wenn ich Norbert Röttgen wäre, würde ich von Tee erstmal die Hände lassen.
Klaus Kelle
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