Gastbeitrag von THOMAS BRÜGMANN
BERLIN – Während sich immer mehr sozial schwache Menschen Sorgen machen, wie sie in diesem Winter ihre voraussichtlich hohen Heizkosten werden bezahlen können, mussten sie sich im mit ihrem Geld zwangsgebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen sagen lassen, dass sie über die massiv gestiegenen Öl- und Gaspreise froh sein sollten. Ein mit Zwangsgebührenhilfe stattlich alimentierter „Moderator“ freute sich jedenfalls: „Er ist da, der Preisschock. Nur wenn Öl und Gas spürbar teurer werden, kriegen wir die Erderwärmung in den Griff.“
Wir „sollten froh sein“, setzte der Kommentator noch nach, „dass wir gezwungen werden, Konsum und Produktion zu ändern“. Die breite Masse, so die Botschaft dieses Herrn, soll sich also freuen, wenn sie zu etwas gezwungen wird.
Damit offenbart sich in erschreckender Deutlichkeit die an Zynismus kaum mehr zu übertreffende Haltung eines Milieus, das sich anschickt, in Politik und Medien eine unangefochtene Führungsrolle einzunehmen. Das Milieu befiehlt und die breite und hart arbeitende Masse hat sich gefälligst zu fügen. Gut bezahlte und mit stattlichen Ruhestandsbezügen versorgte Redakteure von „Tagesschau“ und „Heute“-Sendung (und deren Ablegern) maßen sich zunehmend an, anderen Menschen in den von ihnen bevorzugten Lebensstil hineinzureden.
Betroffen ist die breite Masse, die morgens zeitig aufsteht, um die Kinder „schulfertig“ zu machen und selbst zur Arbeit zu gehen. Und nicht zuletzt auch die (noch) vielen Tausend Selbstständige unseres Landes, die neben meistens schwerer Arbeit auch noch ein hohes Maß an Verantwortung für sich und andere zu tragen haben. Ihnen käme es nie in den Sinn, sich über stark steigende Preise zu freuen, denen keinerlei Mehrwert – sei es in Form von Produktverbesserungen oder Lohnsteigerungen für andere – gegenübersteht.
Bis vor kurzem war es den meisten europäischen Regierungen noch gelungen, die von ihnen verfolgte Politik einer künstlichen Verteuerung aller fossilen Energieträger (insb. Öl und Gas) als „sozialverträglich“ zu verkaufen. Die Preissteigerungen sollten moderat ausfallen und an anderer Stelle teilweise kompensiert werden. Man beschwor großspurig eine „Aussöhnung von Ökonomie und Ökologie“ und nahm sich gleichzeitig das Recht heraus, unter dem Deckmäntelchen eines „Green Deal“ über immer mehr Kostenbelastungen nachzudenken. Wohlstandsverluste für Einzelne wurden dabei von Anfang an in Kauf genommen.
Doch zusammen mit den nun wieder deutlich gestiegenen Einkaufspreisen für Rohöl und Gas ist nun die jahrelang genährte Illusion eines weitgehend kostenneutralen Umbaus unserer Wirtschafts- und Energieversorgungssysteme krachend geplatzt. Schon fürchten auch in Deutschland die ersten Bürger und Steuerzahler, in diesem Winter frieren zu müssen.
Man braucht keine große Phantasie, um sich vorzustellen, was geschehen könnte, wenn Europas Regierende ihre „Klima-Brachialpolitik“, die sich vornehmlich gegen die sogenannten „kleinen Leute“ richtet, ungerührt vollstrecken: Es käme dann schnell und europaweit zu Aufständen und Revolten nach dem Muster der Gelbwesten-Proteste in Frankreich. Die davon ausgehenden Gefahren für die politische Stabilität insgesamt und für die derzeit Regierenden im Besonderen hat z.B. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron längst erkannt. Schließlich muss er im kommenden Frühjahr (also nach dem Winter!) um seine Wiederwahl bangen. Er brachte deshalb schon vor einiger Zeit einmalige Heizkosten-Zuschusszahlungen in die Diskussion ein. Macron könnte es gelingen, sich damit über den Wahltag hinweg zu „retten“. Das grundsätzliche Problem einer zunehmenden Entfremdung zwischen Politik, manchen Medien und der breiten Masse bleibt bestehen.
Thomas Brügmann ist Präsident der Bundesvereinigung mittelständischer Unternehmer und des Bundes der Selbständigen, Landesverband Nordrhein-Westfalen sowie Herausgeber des Informationsdienstes „Vertrauliche Mitteilungen“
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