WASHINGTON – Der Druck auf US-Präsident Joe Biden wächst: Auf der Suche nach Regierungsunterlagen sind Ermittler in seinem Haus auf weitere Geheimdokumente gestoßen.
Das US-Justizministerium beschlagnahmte in Wilmington im Bundesstaat Delaware unter anderem sechs Dokumente, die als vertraulich gekennzeichnet waren, wie Bidens Anwalt Bob Bauer mitteilte. Ein Teil davon stamme aus Bidens Zeit als Vizepräsident, andere aus seiner Zeit als Senator. Die knapp 13-stündige Durchsuchung sei bereits am Freitag erfolgt und habe «alle Arbeits-, Wohn- und Lagerräume» des Hauses umfasst.
In den vergangenen Wochen waren mehrfach vertrauliche Unterlagen in privaten Räumen Bidens aufgetaucht – in Delaware und der US-Hauptstadt Washington. Von einigen Funden erfuhr die Öffentlichkeit erst, als Medien darüber berichteten. Justizminister Merrick Garland beauftragte einen Sonderermittler damit, die Vorfälle zu untersuchen. Die US-Regierung bemüht sich um Schadensbegrenzung, nachdem sie wegen der Informationspolitik in die Kritik geraten war.
Bidens Anwalt betonte nun, die Ermittler hätten bei der Durchsuchung am Freitag «uneingeschränkten Zugang» zum Haus erhalten. Dabei seien allerlei Dokumente wie handschriftliche Notizen, Akten, Ordner, Erinnerungsstücke, Aufgabenlisten und Zeitpläne, die teils Jahrzehnte zurückreichten, zur Verfügung gestellt worden. Biden selbst war bei der Durchsuchung nicht zu Hause, sondern Anwälte aus seinem Team. Sie hatten die Durchsuchung freiwillig angeboten. Biden hatte am Donnerstag klargemacht, dass er «voll und ganz» mit dem Justizministerium kooperiere. Er spielte die Bedeutung der Vorgänge jedoch herunter: «Ich denke, ihr werdet sehen, dass es da nichts gibt», sagte er auf Nachfragen von Reportern.
Es wird heikel für Biden
Für den Präsidenten sind die Enthüllungen politisch höchst heikel – denn es ist nicht erlaubt, vertrauliche Regierungsunterlagen nach dem Ausscheiden aus einem Amt privat zu lagern. Dafür ist in den USA das Nationalarchiv zuständig. Biden war von 2009 bis 2017 Stellvertreter des damaligen Präsidenten Barack Obama, zuvor war er lange Senator.
Die erste Tranche vertraulicher Unterlagen war am 2. November entdeckt worden – kurz vor den Kongresswahlen in den USA. Das Weiße Haus betont, Bidens Anwälte hätten damals umgehend das Nationalarchiv informiert. Die Öffentlichkeit erfuhr aber erst im Januar davon, als der Sender CBS darüber berichtete. Als Reaktion auf die erste Entdeckung suchten Bidens Mitarbeiter dann auch an anderen Orten.
Der Dokumentenfund hat für Biden auch deshalb Brisanz, weil der frühere republikanische Präsident Donald Trump mit einem ähnlichen Fall im Sommer für einen Skandal gesorgt hatte: Trump bewahrte nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus in großem Umfang vertrauliche Regierungsunterlagen in seinem privaten Anwesen in Florida auf. Das FBI durchsuchte das Anwesen im August und beschlagnahmte tausende Dokumente, darunter rund 100 Unterlagen mit Geheimvermerk. Trump versuchte die Ermittlungen zu behindern und sprach von einer Hexenjagd gegen ihn. Biden kritisierte Trump scharf.
Trump zeigt sich schadenfroh
In Trumps Fall hatte Garland ebenfalls einen unabhängigen Sonderermittler für die politisch delikaten Nachforschungen eingesetzt – auch, weil Trump eine erneute Präsidentschaftsbewerbung verkündet hat und die Ermittlungen gegen ihn als politisch motiviert kritisiert. Auch Biden hat bisher immer wieder die allgemeine Absicht erklärt, bei der Präsidentenwahl 2024 erneut anzutreten. Eine endgültige Entscheidung hat er noch nicht öffentlich gemacht.
Trump reagierte am Samstag mit Schadenfreude. Auf seiner Online-Plattform «Truth Social» schrieb er an Biden und sein Team gerichtet: «Sie haben sich dieses Dokumentenchaos selbst eingebrockt, indem sie sich so sehr auf mich eingeschossen haben – dabei habe ich nichts Falsches getan.»
Republikaner stoßen Nachforschungen an
Die Republikaner haben zu Jahresbeginn die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernommen, und mehrere Ausschüsse dort haben parlamentarische Nachforschungen zu Bidens Dokumenten angestoßen – unter anderem das Gremium, das für die Aufsicht über die Regierung zuständig ist. Dessen republikanischer Vorsitzender, James Comer, hatte der Regierung mangelnde Transparenz und Heuchelei vorgeworfen.
Auch aus den eigenen Reihen wurde Kritik laut. Der Demokrat Joe Manchin, der sich Biden als Senator immer wieder querstellt, sagte zu den Funden im US-Fernsehen am Sonntag: «Es ist unfassbar, wie so etwas passieren konnte, und es ist völlig unverantwortlich.» Man müsse nun aber die Ermittlungsergebnisse abwarten und dürfe Biden nicht vorab verurteilen.
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- Joe Biden: dpa