Einsamer Vamp: Vor 25 Jahren starb Marlene Dietrich

Marlene Dietrich tritt am 04.10.1955 bei der Eröffnung des Sahara Hotels in Las Vegas auf. Foto: KEYSTONE

von ELKE VOGEL

Berlin – Zuletzt lebte sie völlig zurückgezogen in ihrem Pariser Appartement. Marlene Dietrich ließ selbst enge Freunde nicht mehr zu sich. Am 6. Mai 1992 ging dann die Meldung vom Tod der schon zu Lebzeiten zum Mythos gewordenen Schauspielerin um die Welt.

Sie starb im Alter von 90 Jahren an einem schönen Frühlingstag in ihrer Wohnung in der Avenue Montaigne unweit der Seine – umgeben von Fotos ihrer Freunde. An diesem Samstag jährt sich «Marlenes» Todestag zum 25. Mal. Ihre Fans werden zu ihrem Grab auf dem Städtischen Friedhof in der Stubenrauchstraße in Berlin-Friedenau pilgern und Blumen niederlegen.

«Der Rückzug war der Preis, ein hoher Preis, den sie dafür zahlte, ihr perfektes Bild nicht zu beschädigen», sagt Eva Gesine Baur, Autorin der gerade erschienenen Dietrich-Biografie «Einsame Klasse». «Sie dachte, sie sei nichts wert, als sie nicht mehr das Idol war, zu dem sie sich gemacht hatte – auch äußerlich.» Die Filmdiva – Inbegriff lasziver Weiblichkeit und kühler Verführung – sei trotz vieler Freunde und noch mehr Liebhabern ein einsamer Mensch gewesen.

«Von außen betrachtet würde sie keiner für einsam halten, schon gar nicht, was Männer angeht. Im Besitz ihrer Tochter Maria Riva befindet sich eine Art Daily Reminder, in dem sie laut ihrem Enkel Peter Riva bis zu drei Liebhaber pro Tag aufgelistet hat», sagt die Biografin. Aber: «Niemand ist einsamer als ein extrem polygamer Mensch. Das Gefühl, einsam zu sein, erwächst auch aus dem Gefühl, unverstanden zu sein. Marlene war ihr ganzes Leben zutiefst verunsichert und von Selbstzweifeln geplagt», sagt die Autorin.

«Die wenigen, die das verstanden haben, denen hat sie sich anvertraut: Männer wie Erich Maria Remarque, Friedrich Torberg und Ernest Hemingway.» Der völlige Rückzug «der Dietrich» hatte mit ihrer Unsicherheit zu tun. «Sie war schon in den Erfolgsjahren der Grund für Marlenes Perfektionswahn: Sie fand sich weder schön noch schauspielerisch begabt», so Baur.

Am 27. Dezember 1901 in Berlin-Schöneberg geboren, galt «die Dietrich» jahrzehntelang als anbetungswürdige Femme fatale. Der vielleicht einzige deutsche Weltstar war 1929 mit dem Film «Der blaue Engel» von Josef von Sternberg auf einen Schlag berühmt geworden. Darin singt Marlene Dietrich das Lied «Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt». Zu ihren erfolgreichsten Filmen zählten «Herzen in Flammen» (1930), «Shanghai-Express» (1932) und «Der große Bluff» (1939).

1939 nahm die Schauspielerin, die 1929 mit von Sternberg nach Hollywood gegangen war, die US-Staatsbürgerschaft an. Während des Krieges sang sie in amerikanischer Uniform vor US-Soldaten an der Front. Als Gegnerin des Nationalsozialismus lehnte sie Filmangebote der Nazis konsequent ab. Nach dem Zweiten Weltkrieg spielte sie große Charakterrollen zum Beispiel in «Eine auswärtige Affäre» (1947/48) und «Zeugin der Anklage» (1957).

Später startete Marlene Dietrich eine zweite Karriere als Sängerin. Mit rauchiger Stimme sang sie Lieder wie «Sag mir wo die Blumen sind». In den 60er und 70er Jahren zog sich der Star immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück und ließ sich nie mehr fotografieren: «Man hat mich zu Tode fotografiert», sagte Marlene Dietrich.

Im Berliner Museum für Film und Fernsehen sind Teile des umfangreichen Dietrich-Nachlasses zu sehen. Zur «Marlene Dietrich Collection» gehören rund 3000 Filmkostüme und private Kleidungsstücke, 400 Hüte sowie 130 Überseekoffer, Hutschachteln und Kosmetikkoffer. Die Schauspielerin hinterließ allein 16 500 Fotos und 45 000 Blatt Korrespondenz. «Sie war sammelwütig», sagt Hans Helmut Prinzler, Filmwissenschaftler und ehemaliger Direktor des Berliner Filmmuseums.

Und welche Eigenschaften haben Marlene zu einem Weltstar und Mythos gemacht? «Es ist einerseits natürlich ihre schauspielerische Präsenz», sagt Prinzler. «Darüber hinaus war sie eine Stilikone». «Durch ihre Kleidung, ihre Bisexualität, war sie sehr weit vorn. Dass sie auch in Männerkleidung aufgetreten ist, war damals sehr ungewöhnlich. Und sie konnte nicht nur spielen, sondern auch singen.»

Auf die Frage, ob sie sich ein Leben nach dem Tod vorstellen könne, antwortete Marlene Dietrich in dem berühmten Filmgespräch mit Maximilian Schell auf schnoddrig-berlinerische Art: «So ein Quatsch, fürchterlich. Da kann man doch nicht dran glauben, dass die alle rumfliegen da oben, gibt’s ja nicht.»

Wie es ihr letzter Wunsch war, wurde «die Dietrich» in weißer Seidenbluse und schwarzer Hose und Jacke in den Sarg gelegt. Der schlichte Grabstein trägt nur ihren Schriftzug «Marlene» mit den Lebensdaten und das von ihr ausgesuchte Zitat «Hier steh ich an den Marken meiner Tage» des Dichters Theodor Körner. Nur wenige Meter von Dietrichs Grabstätte entfernt ist auch das Grab ihrer 1945 gestorbenen Mutter.

Bildquelle:

  • Marlene Dietrich: dpa

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