von THOMAS PAULWITZ
BERLIN . Alarmstufe Rot bei den Genderfreunden in den Medien: „Merz schlägt Verbot von Gendersprache vor“ vermeldet das Magazin T-Online. „Friedrich Merz, der Sprachpolizist“ wettern die Nürnberger Nachrichten. Deren Chefredakteur Alexander Jungkunz ereifert sich: Die Forderung, das Gendern zu verbieten, zeige „die Hilflosigkeit der Konservativen“. Der Nachrichtensender n-tv belehrt seine Internet-Leser über den Merz-Vorstoß, dieser sei kein Ausdruck von Kritik. Sein „Gender-Krieg“ sei vielmehr „ein populistischer Reflex“.
Allein, Friedrich Merz hat niemals gesagt: „Die Gendersprache muss verboten werden.“ Tatsächlich hat er nicht von Verboten, sondern von Rechten und Freiheiten gesprochen. Viele Medien verdrehten das dann zu einem vermeintlichen „Verbot“. Doch der Reihe nach: Wenn es Merz um Aufmerksamkeit gegangen ist, dann hat er alles richtig gemacht. Die Wellen schlagen hoch, nachdem er sich mehrmals zum Gendern geäußert hat.
„Frauofrau statt Mannomann?“
Den Auftakt bildet am 17. April seine Bewerbungsrede im Hochsauerlandkreis zur CDU-Direktkandidatur für den Deutschen Bundestag. Seine Worte überzeugen die anwesenden CDU-Mitglieder, so dass sich Merz klar gegen den bisherigen Wahlkreisabgeordneten Patrick Sensburg durchsetzt. Die Merz-Rede greift auch die Themen politisch-korrekte Sprache und Genderdeutsch auf: „Wir werden niemandem erlauben, Meinungsfreiheit an Schulen und Universitäten einzuschränken, und wir sagen auch klar, dass wir in dieser Zeit andere Herausforderungen sehen, als uns damit zu beschäftigen, die Mohrenstraße umzutaufen oder Universitätsarbeiten schlechter zu bewerten, weil die oder der ‚Zuprüfende‘ die ‚Gender***‘ nicht richtig gesetzt hat.“
So richtig in Schwung kommt die öffentliche Debatte aber erst, als Merz am selben Tag auf Twitter ein Feuerwerk an Reizwörtern zündet, die jeden Genderbefürworter erbeben lassen: „Grüne und Grüninnen? Frauofrau statt Mannomann? Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Mutterland? Hähnch*Innen-Filet? Spielplätze für Kinder und Kinderinnen? Wer gibt diesen #Gender-Leuten eigentlich das Recht, einseitig unsere Sprache zu verändern?“ Einen Tag später berichtet Merz-Pressesprecher Armin Peter von Hunderten zustimmenden Zuschriften, die zum Thema Gendern eingegangen seien.
Merz spricht nicht von Verboten, sondern von Rechten
Merz wird nicht als künftiger Familien- oder Bildungsminister gehandelt, sondern eher als Finanz- oder Wirtschaftsminister. Dennoch bleibt er am Thema Gendern dran. Wenige Tage später legt er im ZDF bei Maybritt Illner und im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ nach, schließlich auch bei RTL. Er hat es wieder einmal geschafft, sich ins Gespräch zu bringen.
Dabei spricht Merz aber nicht von Verboten, sondern von Rechten. Denn „den wachsenden Zwang“ zum Gebrauch von Genderdeutsch hält er für „rechtlich angreifbar“. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sei eindeutig dagegen. Ein Recht habe sie, dass die von ihnen finanzierten Medien auf sie Rücksicht nehmen. Das Recht hätten Studenten, dass Prüfer auf wissenschaftsfremde Bewertungskriterien verzichten. Andererseits stellt Merz das Recht der Nachrichtenmoderatoren in Frage, die Regeln der deutschen Sprache nach Belieben zu verändern. Genauso sei es zweifelhaft, ob Hochschullehrer das Recht hätten, Prüfungsarbeiten danach bewerten, ob sie Gendersternchen enthalten. Gerade in gesellschaftlich verantwortungsvollen Positionen „kann das nicht jeder so machen, wie er das vielleicht gerne hätte.“
Frankreich geht gegen Gender-Auswüchse vor
Merz besteht also auf Rechtmäßigkeit. Doch wie kam es dann zu der Erzählung, Merz fordere ein Verbot? Das hängt mit seinem Blick nach Frankreich zusammen. Zum Beispiel sagte er bei Illner: „Der französische Präsident Macron hat allen Behörden untersagt, die sogenannte gendergerechte Sprache zu nutzen, um die schöne französische Sprache zu schützen. Auch wir könnten auf die Mehrheit der Bevölkerung hören, die Gendersprache ablehnt.“
Merz spricht lediglich davon, auf die Mehrheit zu hören. Allerhöchstens deutet er hier ein Verbot an. Er bezieht sich dabei auf eine Anweisung des damaligen Premierminister Édouard Philippe aus dem Jahr 2017. Dieser hatte – im Einklang mit der Académie française – angeordnet, im amtlichen Verlautbarungsorgan der französischen Regierung keine „inklusive Sprache“ zu verwenden. Was in Deutschland der Genderstern, ist in Frankreich nämlich der „point médian“, der Medianpunkt.
Doch wir müssen gar nicht bis ins Jahr 2017 zurückgehen. Soeben hat Macrons Schulminister und Parteifreund Jean-Michel Blanquer angekündigt, die Gendersprache an Schulen verbieten zu wollen. Sie benachteilige nämlich Schüler mit Lese- und Rechtschreibschwäche. Dem Journal du Dimanche sagte er: „Sie ist nicht inklusiv, sondern sie grenzt aus.“ Auch in Frankreich ist die Debatte also in vollem Gange, freilich mit dem Unterschied, dass dort die Regierung bereits gegen die Auswüchse des Genderns vorgeht. Was man in Frankreich mit Verboten löst, könnte man in Deutschland auch mit der Wiederherstellung von Recht und Freiheit erreichen.
Bildquelle:
- Friedrich_Merz_CDU_3: friedrich_merz