Ein echt treuer Typ

Liebe Leserinnen und Leser,

ich bin echt ein treuer Typ. Zumindest bei den wichtigen Sachen. In der Ehe zum Beispiel oder beim Fußballverein. Komischer Vergleich, werden Sie denken, aber wie Alt-Kanzler Helmut Kohl das so unnachamhlich immer mal anbrachte: „Es gibt Dinge, die tut man einfach nicht.“

Mancher wird denken: Und wie ist das mit politischen Überzeugungen? Hätte ich früher sicher auch hier aufgezählt, doch mit Angela Merkel war das einfach nicht mehr möglich. Ich fühle mich durch und durch als Christdemokrat auch heute. Ich glaube an die Werte des Christentums, an die abendländische Kultur, daran, dass eine Ehe die Verbindung eines Mannes mit einer Frau ist und ungeborene Kinder unter dem besonderen Schutz des Staates stehen müssen, weil sie im Mutterleib völlig wehrlos sind und keine Ahnung haben, was hier draußen los ist.

Aber als Angela Merkel ihr Zerstörungswerk erst an der CDU, denn an unserem Land erfolgreich begonnen hatte, ging es einfach nicht mehr. Nach 2009 habe ich bestimmt fünf verschiedene Parteien angekreuzt bei Wahlen. Die CDU-Stimme bekam dann nur noch mein örtlicher Landtagsabgeordneter, der inzwischen NRW-Finanzminister ist und das zurecht. Eine klasse Typ, anständig, bürgernah, verbunden mit Tradition und Heimat. Eben so wie die CDU insgesamt mal war, als sie bei Wahlen noch 45 Prozent und mehr holte.

Doch hier geht es heute nochmal um Fußball

Vergangene Woche hatte ich an dieser Stelle sehr persönlich über den dramatischen Niedergang meines Herzens-Fußballvereins geschrieben und bekannt, dass mir nach dem 0:4-Desaster in Wiesbaden und dem beschämenden Verhalten unserer Fans beim Anblick unseres Kapitäns Fabian Klos, der weinend auf dem Rasen stand, auch die Tränen kamen. Wegen ihm, nicht wegen dieser seelenlosen Stümpertruppe, der schlechtesten Mannschaft, die ich in 50 Jahren in Bielefeld erlebt habe. Und ich bin mit 64 Lenzen wirklich ziemlich erwachsen und auch kein Pussytyp. Aber es hat mich wirklich berührt. Ist so’n Männerding wahrscheinlich…

Nun, morgen werden meine Nachbarn oder die Kollegen in der Firma wieder Mitleid heucheln, um dann zu fragen, zu welchem Verein ich und wir denn zuküncftig gehen werden, da Arminia Bielefeld nun nur noch Drittligist ist und sich wieder mit Provinztruppen wie der aus Münster herumscheren muss. „Gehst Du, geht Ihr jetzt nach Dortmund?“, werden sie fragen. Oder werdet Ihr Gladbach-Fans oder wechselt gar zum FC Bayern München?

Und meine Antwort ist No way! Einen Fußballverein wechselt man nicht, das ist, als wenn man seine Frau betrügt, oder? Ich habe ein paar andere Schals im Schrank, von Vereinen, wo mich Freunde mal mitgenommen haben. Aus Gladbach, Dortmund jüngst, vom SC Freiburg, Fortuna Köln. Mit Freunden im fremden Stadion, im weißen T-Shirt, und dann für 90 Minuten einen anderen Schal tragen – hey, warum nicht? Aber ein anderes Trikot anziehen als das von meinem Heimatverein Arminia Bielefeld? Das ist unmöglich, selbst wenn ich es mit 3 Promille oder vorgehaltener Schusswaffe versuchen würde. Meine Haut würde sofort anfangen zu brennen und Beulen würden sich bilden. Männer wechseln ihren Club nicht, gerade, wenn es schlechte Zeiten sind. Erfolgsfan kann jeder sein. Nicht mein Ding. Natürlich schaue ich Dritte Liga und werde auch zu Heimspielen fahren. Und wenn sie nochmal absteigen sollten und nochmal in die Rehionalliga. Das ist mein Verein. Punkt Ich bin nämlich ein wirklich treuer Typ, müssen Sie wissen.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.