Dopingverdacht gegen 31 russische Biathleten – Medwedew: „völliger Blödsinn“

Thomas Bach kündigte an, dass auch Trainer und Betreuer im russischen Dopingskandal beleuchtet werden sollen. Foto: Laurent Gillieron
Oslo – Im russischen Doping-Skandal rückt Biathlon in den Fokus. Nach Veröffentlichung des McLaren-Reports der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA liegt dem Weltverband IBU nach eigenen Angaben eine Liste mit insgesamt 31 dopingverdächtigen Russen vor. Darunter seien auch heute noch aktive Sportler, sagte Verbandschef Anders Besseberg der Deutschen Presse-Agentur. Die Liste stamme von der WADA, die bei der Veröffentlichung ihres Berichts über staatlich organisiertes Doping zunächst keine Zahlen bestimmter Sportarten genannt hatte. Mehr als 1000 Sportler insgesamt sind nach WADA-Angaben zwischen 2011 und 2015 Teil einer institutionellen Betrugsmaschinerie gewesen.

Entscheide sich die IBU dafür, Athleten zu sperren, solle das vor der ersten Weltcup-Woche in Oberhof Anfang Januar geschehen, sagte Besseberg der Zeitung «Verdens Gang». Außerdem könnten die Junioren-WM im Februar und der Weltcup im März aus Russland in andere Länder verlegt werden, hieß es. Angesichts der Doping-Enthüllungen waren den Russen bereits am Dienstag die Weltmeisterschaften 2017 im Bob und Skeleton entzogen worden. Die Titelkämpfe hätten im Februar in Sotschi ausgetragen werden sollen, werden nun aber möglicherweise in Deutschland stattfinden. «Wir gehen davon aus, dass auch andere betroffene Weltverbände ihre in Russland geplanten Veranstaltungen überdenken», sagte DOSB-Vorstandschef Michael Vesper.

Trotz der von WADA-Chefermittler Richard McLaren in den vergangenen Monaten penibel zusammengetragenen Indizien weisen die Russen weiter alle Vorwürfe von sich. Ministerpräsident Dmitri Medwedew bezeichnete die Anschuldigung, der Staat und seine Behörden hätten an der Vertuschung entscheidend mitgewirkt, als «völligen Blödsinn». Es habe in Russland «selbstverständlich kein staatlich gestütztes Doping-System gegeben», dieses «gibt es nicht und kann es nicht geben», sagte er in einem Interview mit russischen Fernsehsendern.

Den Entzug der Bob- und Skeleton-WM nannte der frühere Staatschef eine «Kinderei», das Internationale Olympische Komitee unterstützte die Entscheidung des Weltverbandes IBSF dagegen ausdrücklich. McLarens Bericht habe «Antworten auf viele Fragen gegeben, die im ersten Bericht noch offen waren», räumte der deutsche IOC-Chef Thomas Bach in einem Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» ein.

Bach sprach nicht mehr – wie noch nach dem ersten WADA-Report im Sommer – von «Indizien», diesmal habe McLaren «Beweise» vorgelegt. Er habe den Bericht mit «Erschrecken» und «in Teilen auch innerer Wut» gelesen. Bach kündigte erneut die erneute Analyse von Dopingproben bei diversen Events wie den Olympischen Spielen 2012 und 2014 an.

Die Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaften könnten im Februar nun kurzfristig nach Deutschland verlegt werden. Königssee ist nach Angaben des deutschen Verbandes als potenzieller WM-Austragungsort im Gespräch, es sei «jedoch auch eine andere Bahn denkbar».

Aus logistischen und finanziellen Gründen kommen bei der Suche nach einem neuen Austragungsort vorwiegend deutsche Bahnen als Ausrichter in Betracht. Königssee gilt als Favorit, weil Altenberg bereits 2019 WM-Ort ist und Winterberg erst 2015 WM-Gastgeber war. Die Entscheidung soll nach dpa-Informationen noch in dieser Woche fallen.

Bildquelle:

  • Thomas Bach: dpa

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