Wien – Der Präsidentschaftskandidat der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Norbert Hofer, hat seine Niederlage bei der Wahl in Österreich eingestanden. «Ich bin unendlich traurig, dass es nicht geklappt hat. Ich hätte gerne auf unser Österreich aufgepasst», schrieb Hofer auf Facebook. Er gratulierte seinem Mitbewerber, dem ehemaligen Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. 24 Mal hatte der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer seinen Kontrahenten Alexander Van der Bellen im letzten TV-Duell eine «Lüge» oder das Verbreiten einer Unwahrheit vorgeworfen. Das war für viele Zuschauer offenbar doch des Diplomatischen zu wenig.
«Es gab eine Mehrheit für ein traditionelles Amtsverständnis – ruhig, sachlich, diplomatisch», analysierte der Politologe Peter Filzmaier am Sonntagabend im ORF das Ergebnis. Einen wesentlichen Ausschlag zugunsten des 72-jährigen Wirtschaftsprofessors Van der Bellen gab auch sein klarer Pro-Europa-Kurs. Für 65 Prozent seiner Wähler war diese Einstellung das entscheidende Motiv für ihre Entscheidung.
«Das ist ja nicht das Ende der Geschichte», sagte etwas zerknirscht FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl.Ein Rückschlag jedoch auf jeden Fall für die anderen Parteien, die in Europa rechts der Mitte verortet sind. Sie alle hatten nach dem überraschenden Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen Morgenluft gewittert. Die AfD in Deutschland, der Front National in Frankreich, die niederländische Freiheitspartei von Geert Wilders standen schon in den Startlöchern, um den erhofften Sieg Hofers in eigene gute Wahlchancen umzumünzen. Dabei ist die Gleichsetzung dieser durchaus unterschiedlichen Parteien wenig zielführend, ist doch die AfD eine durchaus wirtschaftsfreundliche Partei, während Wilders mit seiner Partei in den Niederlanden ein weitgehend liberales Programm hat. Ganz aus dem Rahmen fällt der französische Front National von Marine Le Pen. Die Partei hat ein weitgehend sozialistisches Programm. Doch alle sind sich einig, dass die Massenzuwanderung aus dem islamischen Kulturkreis die größte Bedrohung für die freien Gesellschaften des Westens sind.
Hofer, der sich mit 45 Jahren für eine Kandidatur zunächst zu jung gefühlt hatte, schien der richtige Mann zur richtigen Zeit für die FPÖ. Er war im Januar bei einem Zuspruch von nur acht Prozent gestartet und hatte lange Zeit die besseren Karten. Dank der erfolgreichen Anfechtung der ersten Stichwahl am 22. Mai durch die FPÖ bekam er eine zweite Chance. Zuletzt wurde Hofer – von wenigen Ausnahmen wie dem TV-Duell abgesehen – immer zahmer. «Sein Auftreten erinnert mittlerweile an einen Pfarrer: lächelnd, gütig, verständnisvoll, verzeihend», sagt der Chef des Meinungsforschungsinstituts OGM, Wolfgang Bachmayer. Möglicherweise zu zahm für seine an Derbheiten gewöhnte Klientel.
Im Kampf um die Mitte büßte die FPÖ wohl auch ihre strikten Anti-EU-Kurs aus der Vergangenheit. Nun fiel es auch Hofer schwer, seine moderate Kritik an der EU als glaubwürdig zu verkaufen. Erfolgreich warnte Van der Bellen immer wieder vor einem Öxit, der laut Umfragen in der vom Tourismus und vom Export abhängigen Alpenrepublik eher unpopulär wäre. Van der Bellen gelang es nach einem ersten Überblick, gerade auf dem Land – dort hatte er vor sechs Monaten schwach abgeschnitten – zu punkten.
Aus Sicht von Politberater Thomas Hofer spielte auch der lange Wahlkampf eine Rolle: «Der FPÖ-Wähler ist auch ein scheues Reh.» Er stimme gern gegen das Establishment, reagiere aber auch derart gereizt auf den Politik-Zirkus, dass er gar nicht mehr zur Wahl gehe.
Von einer Wahlanfechtung ist dieses Mal bei der FPÖ nicht die Rede. Im Gegenteil gratulierten alle Granden der Partei brav dem Sieger. «Wir werden in Demut das Wahlergebnis zur Kenntnis nehmen», hatte sich Hofer schon bei seiner Stimmabgabe in Pinkafeld im Burgenland festgelegt.
Das Motto für Van der Bellen in den nächsten Monaten ist klar: Er muss das von Lagerwahlkampf sehr zerrissene Land wieder einen. Das hatte er schon bei seiner ersten Rede als gewählter Präsident am 22. Mai angekündigt. Diese Rede kann er jetzt noch mal halten. In den Parteizentralen der Zuwanderungskritischen Parteien Europas muss man jetzt wohl neu denken.
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- Aus dem Rennen: dpa