Die FDP nimmt Kurs auf den Bundestag: Kehrt das sozialliberale Modell zurück?

In NRW tritt Christian Lindner selbst als Spitzenkandidat an, will aber dann für den Bundestag kandidieren. Foto: Tobias Hase/Archiv

Berlin – Die FDP will sich bei ihrem heute beginnenden Parteitag auf die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sowie auf die Bundestagswahl einstimmen.

Die seit 2013 nicht mehr im Bundestag vertretenen Liberalen wollen dabei die Parteispitze neu wählen und das Wahlprogramm «Schauen wir nicht länger zu» verabschieden. Mit Spannung wird erwartet, mit welchem Ergebnis Parteichef Christian Lindner wiedergewählt wird.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz sprach sich unmittelbar vor dem Parteitag der FDP klar für einen sozialliberalen Kurs seiner eigenen Partei im Bundestagswahlkampf aus. «Das Sozialliberale ist tief in der SPD verwurzelt», sagte er «Stuttgarter Zeitung» und «Stuttgarter Nachrichten» (Freitag). Die SPD sei «immer die Partei des Fortschritts gewesen».

Offensichtlich mit Blick auf die Positionen der FDP sagte der Hamburger Bürgermeister weiter: «Wir müssen uns deshalb dafür einsetzen, attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen, um technologischen Fortschritt zu fördern.» Wer allerdings «technologischen Fortschritt und digitale Innovationen entschieden befürwortet, darf Fragen der Gerechtigkeit nicht vernachlässigen», so Scholz.

Die Liberalen wollen Deutschland eine neue Reformagenda 2030 verpassen. Ein Schwerpunkt ihres Programms für die Wahl am 24. September ist Bildungspolitik und Digitalisierung. Zudem sollen die Bürger bei Steuern und Abgaben um 30 Milliarden Euro entlastet werden. Mit Umfragewerten zwischen fünf und sechs Prozent ist aber ein Wiedereinzug der FDP in den Bundestag nicht sicher.

«Wir müssen bei Bildungsinvestitionen an die Spitze der führenden Wirtschaftsnationen», sagte Lindner der «Rhein-Neckar-Zeitung» (Freitag). Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Kommunen müsse fallen. «Wir müssen die Rolle des Bundes stärken, damit er Schulen in Bonn und Böblingen sanieren kann und nicht nur in Burundi und Botswana.» Zugleich forderte Lindner eine spürbare Steuerentlastung und zu allererst eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags. «Wer mit uns regieren will, muss uns dazu etwas anbieten, sonst schlagen wir nicht ein.» Er wolle nicht «auf Biegen und Brechen» in eine Koalition eintreten.

Ein Verbleib der FDP in den Landtagen bei den Wahlen in Schleswig-Hostein (7. Mai) und Nordrhein-Westfalen (14. Mai) gilt als sicher. In NRW tritt Lindner selbst als Spitzenkandidat an, will aber dann für den Bundestag kandidieren. In Schleswig-Holstein ist sein Stellvertreter Wolfgang Kubicki Spitzenkandidat. Auch er will anschließend für den Bundestag kandidieren.

Er rechne bei beiden Landtagswahlen jeweils mit einem «zweistelligen Ergebnis» für die FDP, sagte Kubicki der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Freitag). Spekulationen über eine Zitterpartie im Bund hätten sich erledigt. «Ich erwarte ein starkes Signal für die Bundestagswahl im Herbst», so der FDP-Bundesvize.

Seit dem Scheitern von Rot-Rot-Grün im Saarland ist die FDP auch von der SPD als möglicher Koalitionspartner umworben. Derzeit ist die FDP nur in Rheinland-Pfalz an der Regierung beteiligt. Scholz sagte nun, die Entwicklung der FDP seit ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag verfolge er zwar mit Interesse, könne aber noch nicht erkennen, ob sie sich verändert habe. «Da geht es mir so, wie den meisten: Ich wüsste es gern, ich weiß es nicht.»

Die Fokussierung auf Christian Lindner an der Parteispitze mache es «nicht leicht, sich ein Bild vom Gesamtzustand der FDP zu verschaffen». Es werde die «große Herausforderung für die FDP im Wahlkampf werden, den Wählern zu zeigen, dass sich da wirklich was zum Besseren verändert hat». Der FDP-Parteitag geht bis zum Sonntag (30. April).

Bildquelle:

  • Christian Lindner: dpa

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