Liebe Leserinnen und Leser,
das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt Wie erwartet. Zu eindeutig war der politische Regelverstoß der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Tag nach der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen bei einer Pressekonferenz in Pretoria (Südafrika) die Wahl des Liberalen als „unverzeihlich“ und einen „schlechten Tag für die Demokratie“ bezeichnet hatte. Weil Kemmerich eben auch mit den Stimmen der AfD in einer geheimen Wahl gewählt worden war.
Merkels Aufforderung an das politische Establishment in Deutschland, eine demokratische Wahl, deren Ausgang den Mächtigen in Berlin nicht gefiel, „rückgängig“ zu machen, ist ein Skandal sondergleichen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Dies umso mehr, als die etablierten Parteien sich unverzüglich nach Merkels Aufforderung daran machten, den Wunsch der Kanzlerin zu erfüllen. Ganze drei Tage war Kemmerich im Amt, dann hatten sie ihn politisch erledigt, allen voran sein eigener Bundesvorsitzender Christian Lindner, dessen Kotau vor Kanzlerin und rot-schwarzen Koalitionären als eine der dunkelsten Stunden des organisiserten Liberalismus in die Geschichte eingehen wird.
Es ist viel geschrieben worden über den undemokratischen Sündenfall von Erfurt, über Merkels Verstoß gegen alle demokratischen Regeln. Sie alle kennen die Argumente und wissen darum, dass so etwas niemals hätte geschehen dürfen. Der Begriff DDR 2.0 – hier war er angebracht.
So, und all das, diese Sichtweise, hat gestern das höchste deutsche Gericht bestätigt. Frau Merkel hat etwas getan, was vollkommen inakzeptbel war und ist. Und sie setzte sich damit durch. Die AfD hat vor dem Bundesverfassungsgericht gewonnen und kann sich das Urteil ausdrucken, rahmen lassen und in die Bundesgeschäftsstelle hängen. Aber was passiert jetzt weiter? Welche Konsequenzen hat dieses Urteil für Frau Merkel oder wenigstens für vergleichbare Vorgänge in der Zukunft?
Soll ich Ihnen was sagen? Gar keine! Null!
Frau Merkel hat gestern erklärt, sie akzeptiere das Urteil – und ja, alles andere wäre auch wohl noch unverschämter.
Am Wochenende werde ich an den Hayek-Tagen in Potsdam teilnehmen. Einer der Verantwortlichen für die Organisation ist der Rechtsanwalt und Bestsellerautor Carlos A. Gebauer. Der hat vor Monaten in einem Gastbeitrag bei TheGermanZ gefordert, dass man das Grundgesetz ändern müsse, damit man zukünftig Politiker für Ihr Handeln auch persönlich haftbar machen kann. Der Merkel-Skandal um Kemmerichs Wahl ist der eindeutige Beleg, dass Gebauer absolut Recht mit seiner Forderung hat.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Klaus Kelle