Deutschland entscheidet selbst, mit wem es reden will oder nicht

Liebe Leserinnen und Leser,

wir sind Deutschland, und wir und unsere Repräsentanten dürfen jederzeit reden, wo und mit wem sie wollen. Können wir uns darauf verständigen?

Sechs Bundestagsabgeordnete sind heute in Taipeh gelandet, um sich in den nächsten Tagen über die Sicherheitslage des ständig von China bedrohten Landes zu informieren und um über eine Intensivierung der Handelsbeziehungen auszutauschen. Dabei wird die Gruppe um den rührigen CDU-Abgeordneten Klaus-Peter Willsch die höchsten Repräsentanten des modernen und demokratischen Staates treffen.

Klaus-Peter Willsch, müssen Sie wissen, gehört nicht zu den Politikern, die gern mal eine Urlaubsreise auf Kosten der Steuerzahler unternehmen. Vielmehr ist der Mann seit Jahren intensiv unterwegs in Berlin, um für einen fairen Umgang mit Taiwan zu werben. Denn die sogenannte „Ein-China-Politik“ Pekings hat dazu geführt, dass China seit Jahren alles unternimmt, Taiwan global aus offiziellen staatlichen Beziehungen herauszudrängen. Eine „Provinz“ Chinas, so sehen das die Machthaber in Peking, nicht aber die 24 Millionen Einwohner. Nur 1,8 Prozent der Bevölkerung hat sich zuletzt in Umfragen für einen „sofortigen Anschluss“ ihres Landes an das chinesische festland ausgesprochen. Aber: 28,3 Prozent schließen das auf lange Sicht auch nicht aus, sollte – wie Helmut Kohl das formuliert hätte – unerwartet plötzlich der Mantel der Geschichte flattern.

Taiwan ist weltweit der größte Hersteller von Halbleitern, die für die Produktion von Smartphones, Computern und Autos benötigt werden. Vor allem modernste Mikrochips mit Strukturgrößen von sieben Nanometern und weniger stammen aus Taiwan. Und eine aufstrebende Großmacht wie China, die elektronische Geräte produziert und weltweit verkauft, braucht diese Mikrochips unbedingt. 70 Prozent muss das Reich der Mitte importieren, die Hälfte kauft es in Taiwan, die andere Hälfte in Südkorea.

Einerseits Geschäfte, andererseits Drohungen. In Berlin hat mir mal ein Diplomat erzählt, dass man davon ausgehen muss, dass jeder zehnte Mitarbeiter der chinesischen Botschaft dort ausschließich gegen Taiwan arbeitet und dafür sorgt, dass keine hochrangigen Besucher von der Insel nach Deutschland eingeladen oder gar hochrangig empfangen werden. Kommt das doch mal vor, wird bei der Bundesregierung energisch protestiert.

Und dennoch mach man einträgliche Geschäfte miteinander. Das hochtechnologisierte Taiwan ist immerhin auf Platz 22 der Volkswirtschaften gelistet, fünftgrößter Handelspartner aus Asien für Deutschland.

Und deshalb ist es wichtig und richtig, dass jetzt auch Abgeordnete aus Deutschland Flagge zeigen in Taipeh, und dass wir das Feld dort nicht ausschließlich den USA überlassen.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.