Der Umgang im Alltag macht’s: Ein bisschen freundlich, und der Tag verläuft anders

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Dora Heldt ist eine deutsche Schriftstellerin, die mir persönlich bis heute Morgen nichts sagte. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich eine Kulturbanause bin, oder ob es vielen von Ihnen auch so geht. Dora, geboren übrigens auf Sylt, hat sich zu den Umgangsformen unserer Zeit geäußert, zur mangelnden Höflichkeit, zum Stil, den viele unserer Landsleute pflegen und eben auch nicht. Das finde ich gut, denn ich halte es grundsätzlich immer gern wie der große Karl Lagerfeld, der zurecht anmerkte: „Wer in Jogginghosen aus dem Haus geht, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“

Freundlichkeit, das geht leider inzwischen vielen von uns sehr ab. In meiner Kindheit und Jugend war es normal, auf der Straße oder morgens beim Bäcker andere Menschen zu grüßen, wenigstens „Guten Tag!“ zu wünschen. Heute trifft man maulfaule Muffel, wohin man kommt. Selbst aus Familien höre ich, dass sich manche – vielleicht der frühen Uhrzeit geschuldet – grußlos am Tisch niederlassen und wortlos ihr Müsli in die Schüssel schütteln.

Notorische Amerika-Hasser beklagen die „aufgesetzte Freundlichkeit“ dort und bekennen: „Hinfahren vielleicht, aber da könnte ich nie leben“, und man fragt sich unwillkürlich: Warum eigentlich nicht? Weil die zu freundlich sind? Ihr Ernst? Wenn ich da an der Supermarktkasse stehe und die junge Dame mir nach dem Kassieren ein strahlendes Lächeln zuwirft und „Have a nice day“ ins Ohr flötet – so als wolle sie mir sagen: Willst Du auch meine Telefonnumer noch haben? – dann weiß ich, dass sie mich zehn Sekunden später vergessen hat. Aber das ist egal, es war einfach kurz schön. Freundlich. Der Umgang macht’s.

Dora Held hat mit ihrer Kritik absolut recht: Dieses Mürrische allerorten nervt, ein Lächeln, ein Danke oder Bitte verändert viel. Als ich dereinst in Berlin bei einem Privatsender zu arbeiten begann, sagte mir eine liebe Kollegin: „Bevor Du das Mikro aufziehst, immer kurz durchatmen und zwei Sekunden lächeln. Dann steigst Du gleich mit einer positiven Stimmlage in den Text ein, wenn Du dran bist.“ Und das stimmt, mache ich heute noch vor wichtigen Telefonaten. Eigentlich vor allen sogar…

Ich habe mich inzwischen ein wenig schlau über Dora gemacht. Eins ihrer Bücher hieß „Urlaub mit Papa“, das aktuelle heißt „Kein Wort zu Papa“. Das spricht mich schon einmal ganz grundsätzlich an. Ich glaube, ich lese mal was von ihr. Interesssant, die Frau.

Seien Sie freundlich, dann sind es andere auch!

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.