von DR. PATRICK PETERS
Jetzt ist der nächste Schritt in Richtung des Brexit getan: Am 29. März hat die britische Premierministerin Theresa May die Scheidungspapiere in Brüssel eingereicht. Die Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union können also offiziell beginnen. Dass diese zäh werden und noch nicht absehbar ist, zu welchen Bedingungen der Brexit vonstatten geht, darüber lässt sich kaum streiten. Klar ist nur, dass Großbritannien und die EU innerhalb von zwei Jahren zu einem Ergebnis kommen müssen.
Klar ist auch, dass es zu Auswirkungen auf die Wirtschaft kommen wird. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärte beispielsweise: „Der Brexit wird den Geschäften deutscher Unternehmen mit dem Vereinigten Königreich erheblich schaden.“ Das rührt vor allem daher, dass der stark exportgetriebene Mittelstand Einfuhrzölle und eine dauerhafte Abschwächung des Britischen Pfund befürchtet. Das würde die Nachfrage nach Waren aus dem Ausland spürbar reduzieren. Immerhin verkauften deutsche Unternehmen im Jahr 2015 Waren im Wert von fast 90 Milliarden Euro nach UK.
Ebenso stehen die Unternehmen vor hohen administrativen Hürden. Sie sind gefordert, ihre Verträge schnellstmöglich auf Risiken hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um sich mit Weitsicht für die Zukunft aufzustellen. Das erfordert Anstrengungen, gewiss, aber spätestens jetzt sollte, ja sogar muss der Brexit bei jedem Mittelständler angekommen sein.
Ist der geplante britische EU-Austritt damit der Anfang vom Untergang europäischen Wirtschaft? Wohl kaum: Vielmehr bietet der Brexit sogar Chancen für die Unternehmen, auch wenn es natürlich zu Verwerfungen kommen kann. Kontinentaleuropa hat die Möglichkeit, sich neu als Partner im internationalen Geschäft zu positionieren und Geschäft, das aus der Vergangenheit heraus traditionell über London abgewickelt wurde, in Staaten wie Deutschland oder auch Frankreich mit den Zugpferden Düsseldorf, Frankfurt, München und Paris zu konzentrieren.
Gerade die internationale Finanz- und Beratungsindustrie wird sich als Alternative zu London neue Standorte auf dem Kontinent suchen und damit neue Arbeitsplätze und weitere Opportunitäten zu schaffen. Die Großbank HSBC beispielsweise geht nach Paris, und in Frankfurt arbeiten Interessensgruppen daran, rund 10.000 Finanzspezialisten aus der Londoner „City“ am Main anzusiedeln. Darunter: ein hoher Anteil sehr gut bezahlter Manager. Wenn das mal keine Aussichten sind!
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