von KLAUS KELLE
FÁTIMA – 130 Kilometer nördlich der portugiesischen Hauptstadt Lissabon liegt der kleine Ort Fátima. Gerade einmal knapp 12.000 Menschen leben hier, und doch kennt man das Städtchen auf der ganzen Welt, weil hier zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts Wundersames passiert ist. Und wegen dieser Geschehnisse, die sich heute, am 13. Mai im Jahr 1917, ereignet haben sollen, gehört Fátima heute zu den drei bedeutendsten katholischen Wahlfahrtsorten überhaupt neben Lourdes (Frankreich) und Guadeloupe (Mexiko).
Wer es mit dem katholischen Glauben nicht so hat, der muss an dieser Stelle nicht mehr weiterlesen. Nicht, weil es langweilig wäre, was ich schreibe, aber wer das mit diesem Christus sowieso alles für ein Märchen hält, erfunden von irgendwelchen armen Dummköpfen, die ohne göttlichen Beistand ihr Leben nicht unter Kontrolle bringen könnten, dem weiß ich nicht, was ich erzählen soll.
Ich selbst war noch nie in Fátima, muss man auch nicht, selbst als Katholik. Ob man tatsächlich daran glaubt, dass es reale Erscheinungen der Gottesmutter Maria geben könnte oder schon gegeben hat, muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich bin in dieser Hinsicht ein Skeptiker, besonders wenn diese „Erscheinungen“ mit nahezu täglichen „Botschaften“ einhergehen, die niemand außer einem Seher oder einer Seherin hören und wahrnehmen kann. Wenn die Gottesmutter Maria tatsächlich eine Botschaft für die Menschheit hat, warum erscheint sie nicht vor einer großen Menschenmenge und sagt einfach, was sie uns mitteilen will? Klar, ich kann nicht meine Erwartungshaltung zum Maßstab nehmen, was die Dame in Weiß wie macht, aber ich fände das logisch.
Und ich möchte aber auch sagen, dass ich Menschen, die einen tiefen Glauben an diese Erscheinungen haben, sehr ernst nehme. Einige meines besten Freundinnen und Freunde reisen jedes Jahr nach Medjugorje in Bosnien, ebenfalls ein Walljahrtsort, der sich wachsender Beliebtheit erfreut, obwohl vom Vatikan bisher nicht anerkannt. Und was soll es denn auch? Wer dort glauben kann und betet – das ist beneidenswert. Immer wieder sprechen mich befreundete Paare an, ob ich, ob wir nicht einmal mitkommen wollen und selber sehen…ja, vielleicht, irgendwann einmal.
Meine Familie und ich waren zwei Mal in Lourdes in Südfrankreich. Die Atmoshäre dort hat mich beeindruckt, bei all dem Trubel die Ernsthaftigkeit vieler Menschen, die vielen Kranken, die in ihren Rollstühlen zum Bad in der Quelle mit dem Wunderwasser gebracht werden, oft der letzte Anker der Hoffnung nach jahrelangem schweren Leidens. Wenn die Medizin versagt, wer will einem Schwerkranken, einer Todgeweihten den letzten Versuch verwehren? Lourdes ist außergewöhnlich, und man muss dort gewesen sein, um zu begreifen, dass zwar viele Menschen aus aller Welt mit Hoffnungen auf Heilung dorthin kommen, aber das ist gar nicht das Entscheidende. Entscheidend ist, dass es diesen Ort gibt, wo sich die Hoffnung geballt zeigt, wo sich der tiefe Glaube so vieler Menschen manifestiert.
Und Lourdes hat ein Alleinstellungsmerkmal – die Quelle. Die 14-jährige Bernadette Soubirous hat sie vor 164 Jahren vor einer großen Menschenmenge, die an der berühmten Grotte wartete, mit ihren eigenen Händen freigelegt. Das ist kein Märchen, denn Tausende waren dabei und haben zugesehen und ihre Aussagen zu Protokoll gegeben. Später soll es immer wieder Wunderheiligungen im Zusammenhang mit diesem Wasser gegeben haben. Ein anderes Thema.
Zurück zu Fátima und den Hirtenkindern Lúcia dos Santos, Jacinta und Francisco Marto, denen heute vor 105 Jahren auf einem Feld die Mutter Gottes erschienen sein soll. Mehrfach, immer am 13. eines Monats. Und die habe den Kindern drei „Geheimnisse“ mitgeteilt, die später peu á peu vom Vatikan veröffentlicht wurden. Russland spielt darin eine wichtige Rolle und es gab Hinweise auf einen Papst, der leiden wird.
Und an dieser Stelle beginnen die Dinge, die für nicht gläubige Menschen so gar nicht nachvollziehbar sind, weil so etwas eigentlich alles gar nicht passieren kann oder einfach ein Zufall sind. Aber diese Dinge passieren dann plötzlich tatsächlich.
Die „drei Geheimnisse“, die den Hirtenkindern 1917 übergeben wurden, bewahrte der Vatikan auf. Bis zum Jahr 1941! Da wurden die beiden ersten Prohezeiungen veröffentlicht. Das dritte – so trug die Erscheinung auf dem Feld bei Fátima den Kinden auf, solle erst 1960 veröffentlicht werden.
Papst Johannes XXIII. ließ sich den Briefumschlag, auf dem stand, dass er nicht vor 1960 geöffnet werden dürfe, im Jahr 1959 bringen. Er las den Text allein und entschied dann, den Inhalt entgegen aller öffentichen Erwartungen nicht zu veröffentlichen. Sein Nachfolger Paul VI las die vier handgeschriebenen DIN-A-5-Seiten sechs Jahre später. Danach entschied auch er, die Öffentlichkeit nicht über den Inhalt zu informieren.
Und dann kam der 13. Mai 1981 – heute vor 41 Jahren. Ein türkischer Attentäter namens Mehmet Ali Agca mit Verbindungen zu den Grauen Wölfen und zum bulgarischen Geheimdienst schoss auf dem Petersplatz auf Papst Johannes Paul II und verletzte ihn schwer. Nur haarscharf überlebte der Papst aus Polen. Als er wieder bei Bewusstsein war, ließ er sich den Brief von Schwester Lucia, einem der Kinder aus Fatima, mit dem dritten Geheimnis bringen.
Auch Papst Johannes Paul II entschied nach der Lektüre, den Text für weitere 19 Jahre unter Verschluss zu halten. Im Jahr 2000 wurden die handbeschriebenen Zettel dann endlich veröffentlicht. Seit 1941 unter Verschluss wird darin von „einem weiß gekleideten Bischof geschrieben, den Soldaten mit Feuerwaffen töteten und der „halb zitternd und mit wankendem Schritt“ durch eine halb zerstörte Stadt ging…“
Alles, was ich hier aufschreibe am heutigen Jahrestag der Marienerscheinung von Fátima und dem Attentat auf den Heiligen Vater in Rom ist bis ins kleinste Detail belegt. Was Sie daraus für sich selbst machen, müssen sie selbst für sich entscheiden. Ich bin kein theologe, ich muss nicht einorden. Ich erzähle die bekannten Fakten.
Der Heilige Vater reiste im Jahr nach seinem Genesen am nächsten 13. Mai nach Portugal und zelebrierte vor einer Million Gläubigen und einer gewaltigen Lichterprozession die Heilige Messe. Durch die Menge wurde eine große Marienstatue getragen. In ihrer Krone eingearbeitet: eine der Pistolenkugeln, die den Papst auf dem Petersplatz getroffen hatten. Später sagte der Papst, er glaube, dass an diesemn Maitag auf dem Petersplatz Gott selbst seine schützende Hand vor die Patrone gehalten habe, um sie abzulenken…
Bildquelle:
- Attentat_Papst_13. Mai 1981: KNA