von KLAUS KELLE
BERLIN/WASHINGTON DC – Erinnern Sie sich noch an die Taschenspielertricks, mit dem die Bundespressekonferenz in Berlin, ein privater Verein, den unabhängigen Journalisten Boris Reitschuster einst aus dem exklusiven Klub der Hauptstadtpresse drängte? Weil der immer so kritisch nachfragte, wie sich die Süddeutsche Zeitung damals in einem ganzseitigen Schmäh-Artikel öffentlich empörte? Nun, sie haben Boris nicht zum Schweigen gebracht, der aber inzwischen nicht mehr in Deutschland lebt und dennoch von außen kritisch auf deutsche Themen blickt und berichtet.
In den USA passiert gerade ähnliches
Das Weiße Haus hat nach den Beschränkungen des Zugangs für die renommierte internationale Nachrichtenagentur Associated Press (AP) jetzt auch Reuters und Bloomberg mehr oder weniger vor die Tür gesetzt, genau: sie teilten ihnen mit, dass sie nicht mehr – wie bisher – zum kleinen Kreis auserwählter relevanter Medien in der Nähe des US-Präsidenten gehören.
Das empfinde ich als beunruhigend
Weil eine Regierung etwas anderes ist als zum Beispiel eine Partei, ein Sportverein oder ein Unternehmen. Wenn – wie mehrfach geschehen – die AfD zu Landesparteitagen den Medien den Zugang verweigert, um über die Veranstaltung berichten zu können, war der Aufschrei des Mainstreams dabei immer besonders laut. Und es ist wirklich erstaunlich, wie jetzt teilweise die gleichen Verteidiger der AfD damals begeistert Beifall klatschen, dass Trump es den linksliberalen Mainstreammedien mal aber so richtig gezeigt hat. Jetzt seht ihr mal, wie das ist, ausgegrenzt zu werden…
Aber im Sinne von Demokratie und Meinungsfreiheit ist das Vorgehen der Trump-Administration empörend.
Denn AP, das sich weigert, den „Golf von Mexiko“ in der Berichterstattung fortan „Golf von Amerika“ zu nennen, wird so staatlicherseits in ihrer Arbeit eingeschränkt, weil den Mächtigen die Berichterstattung nicht gefällt. Das ist politische Willkür, so etwas kennen wir bisher in Unrechtsstaaten, aber nicht im freien Westen, schon gar nicht in den Vereinigten Staaten.
Jetzt werden Sie sagen: Der Präsident kann selbst entscheiden, wen er in seinem Umfeld Fragen stellen lassen will.
Das ist nur eingeschränkt richtig. Natürlich laden Spitzenpolitiker auch in Deutschland zu Hintergrundgesprächen nur ein, wen sie dabei haben wollen, nehmen auf ihren offiziellen Reisen mit, wen sie wollen oder eben auch nicht wollen. Aber den Zugang zu Presseterminen zu beschneiden, das ist inakzeptabel. Wer dem Herrscher Fragen stellt, die ihm nicht gefallen, der ist eben zukünftig raus. Stattdessen lassen wir die eigenen Fan-Medien exklusiv ihre Fragen stellen.
AP, Bloomberg und Reuters haben globale Relevanz. Das ist nicht der „Schwarzwälder Bote“ oder die „Bäckerblume“.
Wenn man – sagen wir aus Platzgründen – eine Begrenzung vornehmen muss, dann ist die Reichweite das einzige Kriterium, was gelten kann, nicht aber, ob die Berichterstattung der Regierung gefällt.
Das US-Präsidialamt hatte die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) schon vor Wochen aus dem Inner Circle des Weißen Hauses ausgeschlossen. AP klagte und erhielt Recht, dennoch versperrte man zwei AP-Redakteuren danach weiter den Zugang ins Weiße Haus.
Das ist nicht geboten, das ist nicht witzig, das ist beunruhigend.
Weil große reichweitenstarke Medien ausgeschlossen werden wegen ihrer Berichterstattung. Das ist undemokratisch, auch wenn man jetzt hört, es gäbe ja einen größeren Kreis von Journalisten im White House Press Corps, und das ist wahr. Die genannten Medien sind also nicht gänzlich von Informationen abgeschnitten, sie sind halt nur nicht mehr bei den spannenden, relevanten Terminen dabei.
Reuters erklärte heute, für die Demokratie sei es unerlässlich, dass die Öffentlichkeit Zugang zu unabhängigen Nachrichten über ihre Regierung hat. „Jeder Schritt der US-Regierung, den Zugang zum Präsidenten zu beschränken, bedroht dieses Prinzip, sowohl für die Öffentlichkeit als auch für die Medien weltweit.“ AP-Sprecherin Lauren Easton sagte: „Wir sind zutiefst enttäuscht, dass die Regierung beschlossen hat, den Zugang aller Nachrichtenagenturen einzuschränken, deren schnelle und genaue Berichterstattung aus dem Weißen Haus jeden Tag Milliarden von Menschen informiert, statt AP wieder in den Nachrichtenpool aufzunehmen.“
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