Das Spiel dauert länger als 90 Minuten und der Ball ist rund

Guten Morgen, liebe Fußballfreundinnen und -freunde!

Das Spiel gegen die Schweiz gestern war – erwartbar – eine größere Herausforderung für unsere Nationalmannschaft als Schottland und Ungarn. Die Gäste aus dem Alpenland waren stark, in letzter Sekunde sicherte uns aber der wunderbare Niclas Füllkrugs per Kopfballtor noch das Unentschieden und den Gruppensieg.

Solche Spiele musst Du wuppen, wenn Du ins Finale kommen willst

Es ist ja im besten Deutschland aller Zeiten blabla modern geworden, dass ein Teil der Bevölkerung einem einzigartigen Selbsthass frönt, und der eigenen Mannschaft den Respekt verweigert, wegen Baerbock, oder Rüdigers ätzendem Mittelfinger, wegen der Trikotfarbe oder was auch immer.

Ich finde das krank, wenn Menschen, die nicht einen einzigen schottischem Spieler benennen können, in der sozialen Netzwerken vor Anpfiff verkünden, sie seien heute Abend auf deren Seite. Darf man, freies Land und so. Aber ich frage mich, ob unter den 100.000 schottischen Schlachtenbummlern (darf man das noch so sagen?) auch nur einer war, der vor dem Anpfiff gedacht hat: Heute halte ich mal zu Deutschland? Unwahrscheinlich.

Wir sind ein seltsames Land geworden

Später werden mal Historiker und Psychoanalytiker Bücher darüber schreiben, ob wir Deutschen in uns nach 1945 einen evolutionär bedingten Gendeffekt entwickelt haben.

Ein Facebook-Freund aus der Schweiz schrieb mir gestern Abend kurz vor Spielschluss, wie schön es sei, dass wir Deutschen verlieren. Wörtlich:

„Nicht aufregen, Klaus, es ist ja nur ein Spiel, bei dem am Ende die Schweiz gewinnt. Dafür habt ihr Deutschen immerhin höhere Zinsen, viel mehr Schulden und die klügste Innenministerin seit beginn der Wetteraufzeichnungen.“

Humor hat er.

Ein anderer, der sonst hauptamtlich russische „Erfolgsmeldungen“ beim Kaputtbomben der Ukraine vorm Käsefonduetopf in Schweizer Nobelgastronomie-Betrieben verbreitet, feierte 5 Minuten vor Spielschluss freudetrunken den Niedergang der „BRD“.

Aber er versteht halt nichts vom Fußball und erschreckend wenig von Deutschland. Denn – Achtung! – der Ball ist rund, und das Spiel dauert auch oft länger als 90 Minuten.

Also, was soll ich sagen? Gruppensieger, klasse Mannschaft, wir sind Deutschland. Ich freue mich schon aufs Achtelfinale.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.