Das Katastrophenjahr der Ursula von der Leyen: Traurige Bilanz einer einstigen Hoffnungträgerin

Traurig: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen reagiert auf den Hubschrauberabsturz in Mali. Foto: Britta Pedersen

Zwei Soldaten sind im Einsatz in Mali mit einem Kampfhubschrauber abgestürzt und ums Leben gekommen. Ursula von der Leyen bricht den Termin ab, fliegt am Mittwochabend sofort nach Berlin. «Ich verneige mich vor der Leistung und dem Opfer der beiden Soldaten», sagt sie mit trauriger Stimme. Bisher sind keine Soldaten in ihrer Amtszeit gefallen. Es ist vielleicht ihr schwerster Moment als oberste Befehlshaberin der Truppe.

Dabei ist 2017 auch so schon alles andere als ihr Jahr. Im Januar ziehen widerliche Berichte über Sex-Sadismus und quälerische Aufnahmerituale in einer Kaserne in Pfullendorf den Ruf der Truppe in den Schmutz.

Dann schockiert der Fall Franco A. die Öffentlichkeit, weil er so vollkommen absurd ist: Ein rechtsextremer Oberleutnant, der sich als Flüchtling ausgibt und einen Terroranschlag geplant haben soll. In der letzten Sitzungswoche des Bundestags scheitert schließlich noch eines ihrer wichtigsten Rüstungsprojekte, die Anmietung israelischer Kampfdrohnen, am Widerstand der SPD.

Was von der Leyen auch anstellt in den vergangenen Monaten, sie erntet Kritik – von der Opposition, vom Koalitionspartner SPD, der Öffentlichkeit, nicht zuletzt aus den eigenen Reihen. Das Verteidigungsministerium gilt seit jeher als ein Schleudersitz und nicht das einfachste Amt im Kabinett. Nun, zwei Monate vor der Bundestagswahl, muss die CDU-Politikerin den wohl traurigsten Job im Aufgabenspektrum einer obersten Befehlshaberin übernehmen: Tote Soldaten beklagen.

Am Mittwochnachmittag heben in Mali zwei Tiger zum Aufklärungseinsatz ab. Die erste Maschine fällt im Flug plötzlich aus der Luft, weder Pilot noch Schütze setzen noch einen Notruf ab. Der Tiger kracht auf den Boden, brennt komplett aus. Bislang spricht nichts für einen Angriff oder Abschuss. Die UN-Mission berichtet von Erkenntnissen, die auf technisches Versagen hindeuten. Heute will ein Expertenteam der Bundeswehr in Gao landen, um den Flugschreiber auszuwerten und die Ursache aufzuklären. Das dürfte dauern.

Tote Soldaten setzen jeden Verteidigungsminister unter Druck. Krieg ist kein Wohlfühlthema der Wähler. Je größer die Gefahr, desto mehr müssen Einsätze fern der Heimat politisch gerechtfertigt werden. Plötzlich wird deutlich, dass der Soldatendienst tödlich enden kann.

108 Soldaten der Bundeswehr starben seit 1993 in Auslandseinsätzen, 37 davon bei Anschlägen oder in Gefechten. Der letzte Todesfall ereignet sich im September 2015, ein natürlicher Tod. «Natürlich hatten wir in den vergangenen Jahren auch an der einen oder anderen Stelle Glück», sagt SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold.

Am Einsatz in Mali gibt es vorerst kaum Kritik aus dem politischen Berlin – außer von der Linken, die partout jeden Einsatz ablehnt. In Mali gehe es schließlich nicht nur um humanitäre Verpflichtungen, sondern auch um «handfeste Sicherheitsinteressen», sagt Arnold. «Die Mehrzahl der Bürger erkennt das auch.» Ein zerfallener Staat Mali wäre «Rückzugsraum für internationalen Terror und für kriminelle Energien, die am Ende auch uns bedrohen». Auch verspricht man sich von dem Einsatz weniger Flüchtlinge, die sich auf nach Europa machen.

Ging der Tiger aber aufgrund technischer Mängel zu Boden, könnte das die Ministerin noch in Bedrängnis bringen. Von der Leyen versprach den Soldaten nach Jahren der Sparzwänge immerhin gute Ausrüstung, verkündete eine «Trendwende Material». Die Bundeswehr sollte unter ihrer Führung mehr Verantwortung in der Welt übernehmen, dafür aber auch ordentlich ausgestattet werden. Seit Jahren wird diskutiert, ob die vielen Auslandseinsätze der Bundeswehr die Kapazitäten der Truppe übersteigen. Auch mit dem Tiger gab es immer wieder Probleme, die Hubschrauber galten lange als pannenanfällig.

SPD-Mann Arnold fordert nun erstmal eine rasche Aufklärung «ohne Beschönigungen». Es sei aber noch zu früh für politische Implikationen des Unfalls. «Alles hat seine Zeit.»

Bildquelle:

  • Ursula von der Leyen: dpa

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