Das ist der Vogel: In Gauting entwickeln sie das Fliegen der Zukunft

Der E-Jet von Lilium, der die Luftfahrt revolutionieren könnte.

von KLAUS KELLE

MÜNCHEN – In Gauting am Flughafen Oberpfaffenhofen bei München wird die Zukunft der Luftfahrt neu gedacht und neu entwickelt. Lilium, so heißt das StartUp, sein Geschäft nennt sich disruptive Luftfahrttechnik. Hinter Lilium stecken vier brillante Köpfe, die sich an der TU München kennengelernt haben und seit 2015 intensiv Gedanken darüber machen, wie die Luftfahrt der Zukunft aussehen wird: Daniel Wiegand, Sebastian Born, Patrick Nathen und Matthias Meiner. Die Flugtaxis, die sie hier entwickeln, werden nicht mit Kerosin betrieben, sondern mit Batterien – E-Mobilität über den Wolken.

Wiegand, gebürtig aus Tübingen und aufgewachsen in Freiburg, ist der Mann, der das Unternehmen gegründet hat – Master-Abschluss an der Technischen Universität in München im Fach Luft- und Raumfahrttechnik mit Schwerpunkt auf Flugantriebssystemen. Sein erstes Patent meldete er an, als er noch das Gymnasium besuchte. „Jugend forscht“ hat er gewonnen, Deutschlands bekanntesten Technik-Wettbewerb, und mit 14 Jahren fing er mit dem Segelflug an, war schon Pilot, bevor er Auto fahren durfte.

Das Team um Wiegand ist dabei, die Luftfahrt zu revolutionieren mit ihren Elektrofliegern VTOL (Vertical Take-Off and Landing), die senkrecht starten und landen. Mehr als 300 Kilometer Reichweite bei einer Höchstgeschwindigkeit von 250 Kilometern pro Stunde soll der Flieger bis 2030 schaffen, heute sind es bereits 175 km. Deshalb sieht sich Lilium auch nicht als innerstädtisches Lufttaxi, sondern als Regionalflieger für Städteverbindungen. Komplett emissionsfrei und damit das umweltfreundlichste Flugzeug überhaupt.

Wie so oft sind es internationale Investoren, die das gewaltige Potential von Lilium als erste erkannt haben. 1,5 Milliarden Dollar sammelte das Unternehmen bisher ein, nur ein kleiner Teil – etwa 30 Millionen Euro – davon in Deutschland. Doch jetzt reiste eine Delegation aus Saudi-Arabien an, um in Gauting den Vertrag für die Bestellung von 50 Flugzeugen zu unterschreiben – bei einer Option für weitere 50 Jets.

Sechssitzer mit noch geringer Reichweite

Bisher schafft der eVTOL-Jet, der als Vier- und Sechssitzer produziert wird, gerade einmal 175 Kilometer. Kann man die nicht einfacher mit der Bahn fahren? „Von Nürnberg zum Münchner Flughafen gibt es keine direkte Bahnverbindung“, entgegnet Medienmanager Rainer Ohler gewinnend im Gespräch mit KELLE. „Weltweit ist fehlende Verkehrsanbindung noch ein viel grösseres Thema. Wenn jeden Morgen mehr als 700 Hubschrauber nach Sao Paulo reinfliegen und abends zurück, ist das nur eines von vielen weiteren Beispielen. Ich könnte auch die West-Ost-Verbindungen in Florida oder die griechischen Inseln oder die Strecke Nizza-St. Tropez nennen.“

Und die Saudis, die gerade mit einer 50-köpfigen Delegation da waren, haben ambitionierte Pläne

„Wir wollen die Art zu Reisen neu definieren“, sagte Saudia-Generaldirektor Ibrahim Al-Omar bei der Vertragsunterzeichnung. Saudi-Arabien baut derzeit seine Verkehrs-Infrastruktur massiv aus. Dahinter stecken Überlegungen, die auch in Katar, Dubai und anderen Staaten des Nahen Ostens auf der Tagesordnung stehen: Wovon leben wir weiter gut und gerne, wenn das Erdöl einmal versiegt in ferner Zukunft?

Die Lilium-Flieger seien prädestiniert, um zum Beispiel Passagiere vom Flughafen in Dschidda ins knapp 100 Kilometer entfernte Pilgerziel Mekka zu bringen. Ein solcher Flug im Lilium-Flugtaxi soll etwa 200 Euro kosten, plant man bei der Fluggesellschaft Saudia, die nun die ersten 50 Maschinen erhält. Ein großer Schritt für die Entwicklung des bayerischen StartUps, das inzwischen an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet ist.

Bildquelle:

  • Lilium_Jet: KELLE / klaus kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.