WASHINGTON – Die größte Überraschung an Donald Trumps Auftritt ist, dass der frühere US-Präsident pünktlich auf der Bühne erscheint. Wie immer redet er lang, eine Stunde und 45 Minuten sind es am Wochenende bei einer Konferenz des konservativen Lagers in der Nähe von Washington. Und wie bei jeder Rede erzählt er Heldengeschichten über sich selbst, die viele von Ihnen schon oft gehört haben.
Die «Conservative Political Action Conference» (CPAC) ist das – früher einmal im Jahr – wichtigste Netzwerktreffen der Konservativen und Libertären in den Vereinigten Staaten. Donald Trump ist hier gerade der Mann, auf die sich die Hoffnungen für die nächste Präsidentschaftswahl 2024 konzentrieren. Er muss sich nicht mehr vorstellen, jeder hier und auf der ganzen Welt kennt ihn. Aber CPAC ist immer auch ein Schaulaufen für diejenigen, die in Zukunft etwas werden wollen bei der Grand Old Party, bei den Republikanern. Und so ließ sich die frühere US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen Nikki Haley sogar auf einen Auftritt nachmittags um 15 Uhr ein, wo sie keine große Aufmerksamkeit erwarten durfte. Dabeisein ist alles für US-Konservative.
Die CPAC findet mittlerweile zwei Mal im Jahr statt
Knapp 300 US-Dollar (rund 280 Euro) kostet das Ticket, etliche Zusatzveranstaltungen schlagen extra zu Buche. Tradition ist eine Online-Umfrage unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern – und die spannendste Frage ist, wen sie am liebsten als Kandidat der Republikaner für die Präsidentschaftswahl 2024 sähen.
Interessant: Trumps wahrscheinlich stärkste Rivalen glänzen mit Abwesenheit
Es ist nicht überraschend, dass Trump hier gewinnt – er hat seine Bewerbung für die Kandidatur bereits im November öffentlich gemacht. Für ihn votieren 62 Prozent – etwas weniger als bei der CPAC im vergangenen Sommer in der Metropole Dallas. Sein potenzieller Rivale Ron DeSantis, Gouverneur des Bundesstaats Florida, landet mit 20 Prozent abgeschlagen auf Platz zwei. Auf der CPAC hat er sich erst gar nicht blicken lassen – so wie auch Trumps einstiger Vizepräsident Mike Pence, dem ebenfalls Ambitionen aufs höchste Amt im Staate nachgesagt werden. Er ist bei der CPAC so gar nicht wohlgelitten, weil er die Geschichte vom Wahlbetrug, der Trump den Wahlsieg gestohlen habe, nicht miterzählen will.
Auf immerhin noch fünf Prozent kommt Perry Johnson
«Perry wer?», mag sich der eine oder andere fragen. Der republikanische Geschäftsmann hat vor einigen Tagen seine Präsidentschaftspläne öffentlich gemacht. Seine Bewerbung gilt aber als wenig aussichtsreich – auch wenn der 75-Jährige nun auf der CPAC vorsprach und damit zumindest einigen positiv aufgefallen sein dürfte. Noch schmalere drei Prozent der Stimmen entfallen auf die deutlich bekanntere Nikki Haley, die damals von Trump auf ihren prestigeträchtigen Posten befördert wurde und ihren Wahlkampf im Februar begonnen hat. Das Publikum auf der CPAC kann sie nicht wirklich für sich begeistern.
Fast wie Gotteslästerung
Als die 51-jährige Republikanerin den Platzhirsch Trump in ihrer Rede indirekt angreift, ist das Schweigen im Saal fast greifbar. Fällt der Name der ehemaligen Gouverneurin des Bundesstaats South Carolina in dem riesigen Konferenzhotel, wird nicht selten mal gebuht. Dass Haley gegen ihren ehemaligen Chef Trump antritt, dürfte für einige eine Art Gotteslästerung sein. «In unserer Welt ist sie so etwas wie Establishment», sagt Regina aus der Stadt Zionsville im Bundesstaat Indiana. Sie ist Trump-Anhängerin und trägt eine blaue Sonnenbrille, die Gläser haben Sternenform – das Outfit ganz im Stil der US-amerikanischen Flagge in Rot und Weiß. Mit ihrer Freundin habe sie absichtlich den Saal verlassen, als Haley auf die Bühne kam, sagt Regina.
Wie repräsentativ die CPAC für die gesamte Partei ist, lässt sich schwer sagen. Fakt ist, dass Trump auch in anderen Umfragen unter Republikanern vorn liegt. Doch auf der CPAC sind nicht alle ganz sicher, was eine zweite Amtszeit Trumps angeht. «Ich meine, er ist mutig», sagt eine Besucherin namens Joyce aus dem Bundesstaat Pennsylvania, die in den 1970er Jahren in Deutschland studiert hat. Mit Blick auf die Wahl 2024 sagt sie: «Ich denke einfach, dass wir den besten Kandidaten finden müssen, der eine Chance auf den Sieg hat.» Und das müsse nicht Trump sein.
Auch Bolsonaro aus Brasilienals Gast dabei
Es ist der Sound der CPAC. Hier treten die knackigsten Konservativen auf – mit ihren im Repräsentantenhaus sitzenden Wortführerinnen Marjorie Taylor Greene und Lauren Boebert. Auch Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro spricht, wettert gegen die Genderideologie und Corona-Impfpflicht.
«Wir werden den „tiefen Staat“ demontieren, wir werden die Tyrannei zerstören, und wir werden die amerikanische Republik in all ihrer strahlenden Pracht wiederherstellen. Mit Gottes Hilfe und Eurer Unterstützung werden wir Amerika wieder mächtig machen» – es sind Sätze wie diese, mit denen Trump seine Rede beendet. Hinter dem in Verschwörungsmythen verwendeten Begriff «Deep State» steht die Idee, im Hintergrund politischer Entscheidungen zögen geheime Mächte die Fäden. Dazu passt, dass auf der CPAC T-Shirts verkauft werden, auf denen US-Präsident Joe Biden mit Hitler-Bart zu sehen ist. «Nicht mein Diktator» steht darauf. Hört man sich um, ist kaum einer der Auffassung, dass Biden der legitime Präsident der USA ist.
Und dazu passt auch, dass eine der am meisten bejubelten Rednerinnen Kari Lake ist. Die 53-Jährige hat im November die Wahl um den Gouverneursposten im US-Bundesstaat Arizona verloren. Ihre Wahlniederlage will sie – wie Trump – nicht akzeptieren. Zuletzt ist sie vor Gericht mit einer Klage gescheitert. Das hält sie nicht davon ab, vor Hunderten Zuschauern bei der CPAC zu behaupten, Bidens Demokraten hätten sie um den Sieg gebracht. Der Applaus ist riesig.
Bildquelle:
- Donald Trump: dpa