WENCHANG – Einen Tag nach der plötzlichen Verschiebung des unbemannten Frachtfluges zum Hauptteil der zukünftigen chinesischen Raumstation gibt es Anzeichen für einen neuen Startversuch.
Die Polizei verfügte am Donnerstag neue Beschränkungen für den Verkehr um den Raumfahrtbahnhof Wenchang auf der südchinesischen Insel Hainan. Die Kontrollen und Einschränkungen sind erfahrungsgemäß ein Hinweis auf einen unmittelbar geplanten Raketenstart.
«Tianzhou 2» (Himmlisches Schiff) soll an Bord einer Rakete vom Typ «Langer Marsch 7 Y3» starten und an das «Tianhe» (Himmlische Harmonie) genannte Kernmodul der Raumstation andocken, um sechs Tonnen Fracht und Treibstoff zu verladen. Nur wenige Minuten vor dem Start von «Tianzhou 2» war der Flug am Mittwochabend MESZ (Donnerstagnacht Ortszeit) aus «technischen Gründen» abgesagt worden.
Nach Angaben von US-Experten gab es am Donnerstag etwa zur gleichen Zeit wie am Vortag gegen 19.00 Uhr MESZ (01.00 Uhr Ortszeit) wieder ein mögliches Startfenster. Nach Angaben eines bekannten chinesischen Raumfahrtbloggers, der sich auf lokale Berichte berief, wurde als offiziell unbestätigter, möglicher Startzeitpunkt 19.09 Uhr MESZ (01.09 Uhr Ortszeit) genannt.
Der Frachtflug ist die Voraussetzung für die – nach unbestätigten US-Berichten für den 10. Juni – geplante Mission von drei Astronauten mit «Shenzhou 12» zu dem Kernmodul. Sie sollen drei Monate bleiben. Das Cargo-Raumschiff soll dafür neben Versorgungsgütern auch zwei Raumanzüge für Weltraumspaziergänge und Ausrüstung für den Bau der Raumstation transportieren. «Tianzhou 2» wird den Plänen nach angedockt bleiben, solange die Astronauten in dem Kernmodul leben.
Die zweistufige Trägerrakete «Langer Marsch 7 Y3» ist in dieser Variante bereits zweimal geflogen – zuletzt vor zehn Monaten mit «Tianzhou 1». In einer anderen Konfiguration (7A) gab es mit diesem Raketentyp im März 2020 ein Problem, als ein Satellit wegen Schwierigkeiten mit der ersten Raketenstufe nicht in die vorbestimmte Umlaufbahn gebracht werden konnte. Die 7er-Reihe gehört zu einer neuen Familie von «Langer Marsch»-Raketen, die die alten 2er, 3er und 4er Serien langsam ersetzen sollen.
Die Frachtmissionen mit den «Tianzhou»-Raumschiffen sind wichtiger Teil der Pläne für den Bau der Raumstation, die bis Ende nächsten Jahres fertiggestellt werden soll. Wegen anfänglicher Probleme mit dem besonders leistungsfähigen neuen Raketentyp «Langer Marsch 5B» ist das Flugprogramm dafür ohnehin längst dichter gedrängt als vor Jahren noch vorgesehen.
Verantwortliche hatten schon zu erkennen gegeben, dass der Druck groß ist. So soll nach dem Flug der drei Astronauten im Juni schon im September eine weitere Frachtmission starten. Im Oktober sollen drei weitere Astronauten folgen. Nächstes Jahr sollen zwei jeweils gut 20 Tonnen schwere Labormodule ins All gebracht werden, die T-förmig an das Kernmodul anmontiert werden. 2022 sind zusätzlich zwei Frachtflüge sowie zwei bemannte Missionen geplant.
Klappt alles mit dem Bau der Raumstation, wäre China die einzige Nation, die noch einen ständigen Außenposten im All betreibt, wenn die internationale Raumstation ISS in den nächsten Jahren wie geplant ihren Dienst einstellen wird. China verfolgt ein ehrgeiziges Raumfahrtprogramm. Erst am Samstag war China als zweite Nation nach den USA eine erfolgreiche Landung auf dem Mars gelungen, wo ein Rover zum Einsatz kam und schon erste Bilder schickte. Am Mittwoch wurde ein Satellit zur Meeresbeobachtung ins All gebracht. Auch betreibt China einen Rover auf der erdabgewandten Seite des Mondes.
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- Neuer Starttermin: dpa