China ruft zu Friedensgesprächen auf – mit wenig friedlichen Warnungen an Amerika

Chinas neuer Außenminister Qin Gang reagiert bei seiner ersten Pressekonferenz auch auf Warnungen aus den USA und Europa an China, Waffen an Russland zu liefern. Foto: Mark Schiefelbein/AP

PEKING – China hat zu Friedensgesprächen im Krieg in der Ukraine aufgerufen. Bei seinem Appell forderte Chinas Außenminister Qin Gang heute in Peking allerdings gleichzeitig, dass die «legitimen Sicherheitsinteressen aller Parteien respektiert» werden müssten – eine Formulierung, mit der China in der Regel seine Rückendeckung für die russische Position deutlich macht.

Der Konflikt sei im Wesentlichen «ein Ausbruch der Probleme» in der Sicherheitsarchitektur in Europa, sagte Qin Gang aus Anlass der laufenden Jahrestagung des Volkskongresses vor der Presse. «China hat die Krise nicht geschaffen. Es ist keine Partei in der Krise und hat keine Waffen an eine der beiden Seiten geliefert», sagte Qin Gang.

«Wieso um alles in der Welt sollte China beschuldigt oder sogar sanktioniert oder bedroht werden? Das ist völlig inakzeptabel», sagte Qin Gang und reagierte damit auch auf Warnungen aus den USA und Europa an China, Waffen an Russland zu liefern.

Positionspapier enttäuscht Kritiker

China habe sich in seinem im Februar vorgelegten Positionspapier zum Ukraine-Krieg für die Achtung der Souveränität, das Ende einer Mentalität des Kalten Krieges, einen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen ausgesprochen.

Das Positionspapier hatte international allerdings vielfach Enttäuschung hervorgerufen, weil es Kritikern zufolge keine ernsthafte Initiative zur Beilegung des Krieges erkennen ließ und beispielsweise nicht den Rückzug russischer Truppen aus besetzten Gebieten in der Ukraine vorsah.

Es sei bedauerlich, dass Bemühungen für Friedensgespräche wiederholt untergraben würden, sagte Qin Gang. «Es scheint eine unsichtbare Hand zu geben, die auf ein Hinziehen und eine Eskalation des Konflikts dringt und die Ukraine-Krise benutzt, um eine bestimmte geopolitische Agenda voranzutreiben.»

«Was jetzt gebraucht wird, ist Ruhe, Vernunft und Dialog»

Die Krise stehe am Scheideweg. «Entweder die Feindseligkeiten hören auf, Frieden wird wiederhergestellt und der Prozess einer friedlichen Beilegung beginnt – oder mehr Öl wird ins Feuer gegossen und die Krise weitet sich aus und gerät außer Kontrolle», sagte Qin Gang. «Konflikt, Sanktionen und Druck werden das Problem nicht lösen. Was jetzt gebraucht wird, ist Ruhe, Vernunft und Dialog.»

Er lobte die Beziehungen zwischen China und Russland als «Modell für neue internationale Beziehungen». Manche Länder blickten auf das Verhältnis durch die Brille des Kalten Krieges. Die Beziehungen seien allerdings keine Allianz und auch nicht konfrontativ gegen dritte Parteien gerichtet, beteuerte Qin Gang. «Je turbulenter die Welt ist, umso beständiger sollten die russisch-chinesischen Beziehungen voranschreiten.»

Warnung in Richtung USA

Zudem warnte Qin Gang die USA davor, die angespannten Beziehungen durch Provokationen weiter zu belasten. Wenn die USA «nicht auf die Bremse treten, sondern weiterhin den falschen Weg verfolgen», könnten auch Leitplanken eine Entgleisung nicht mehr aufhalten. Dann drohten mit Sicherheit «Konflikte und Konfrontationen», sagte der Diplomat und warnte vor «katastrophalen Folgen».

Nach Darstellung Qin Gangs betrachten die USA China als ihren Hauptgegner und als ernsthafteste geopolitische Herausforderung. Die Folge dieser Annahme sei, dass die China-Politik der Amerikaner völlig vom «rationalen Pfad» abgekommen sei. Washington spreche zwar von Wettbewerb, wolle China aber in Wirklichkeit in allen Bereichen unterdrücken.

Mehr «Autonomie» der Europäer gewünscht

China hofft auf mehr Unabhängigkeit der Europäer von den USA. Qin Gang umwarb die Europäische Union, die China immer als «umfassenden strategischen Partner» betrachte.

«Wir hoffen, dass Europa, das das Leiden durch den Krieg in der Ukraine durchgemacht hat, von seinem Schmerz lernt und wirklich strategische Autonomie und langfristige Stabilität erreicht», sagte Gang. Er brachte damit indirekt seinen Wunsch zum Ausdruck, dass die Europäer auf Distanz zu den Amerikanern gehen, denen China Vorherrschaftspolitik vorwerfen.

China wolle mit der europäischen Seite zusammenarbeiten, «um an wahrem Multilateralismus, gegenseitigem Respekt und einer Kooperation zum Nutzen beider» festzuhalten. In dem die Partnerschaft zwischen China und der EU gestärkt werde, könne der Welt mehr Stabilität, Gewissheit und positive Energie injiziert werden.

Bildquelle:

  • Qin Gang: dpa

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