Bürgerkrieg in Syrien: 500.000 Tote und das alles für Nichts

von TORSTEN HEINRICH

Die New York Times meldet, Russland habe einen langfristigen Vertrag für seine Marinebasis in Tartus und einen Militärflughafen in Syrien unterzeichnet. Zum gleichen Zeitpunkt wurde bekannt, dass der stellvertretende türkische Premierminister  Mehmet Simsek die Akzeptanz seines Landes für ein Verbleiben von Bashar al-Assad in Aussicht gestellt habe. Damit scheint Assads Verbleib in seinem Amt gesichert und sein Sieg im Bürgerkrieg nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Am Ende werden mehr als 500.000 Menschen getötet worden sein. Millionen wurden vertrieben und sind geflohen, das Land ist zerstört.

Die Lehre daraus könnte sein, aber das hätte man auch schon vorher wissen können, dass man nur in Ländern interveniert, in denen man die Intervention auch zu Ende bringen kann und will. Ob man nun selbst in solche Staaten einmarschiert oder die Opposition nur ermutigt und mit Waffen beliefert. Hätte Obama den Oppositionellen von Anfang an gesagt, dass die USA ihnen nicht helfen und dabei zusehen werden, wie man sie abschlachtet, wäre das Ganze vermutlich weitaus unblutiger ausgegangen, wie im Iran 2009. Denn am Ende steht auch jetzt wieder die Assad-Diktatur. Nur dass sie jetzt zwischen Leichenbergen steht. Die Millionen Menschen, die das Land verlassen haben, werden sich wohl auf viele Jahre nicht zurück trauen. Obama sei Dank.

Die Assad-Diktatur foltert Kinder zu Tode, bombardiert gezielt Krankenhäuser, Märkte und Wohngebiete. Immer wieder wurde Giftgas durch sie eingesetzt. Jetzt wird sie mit dem Sieg im Bürgerkrieg für diese verbrecherische Vorgehensweise belohnt werden.  Stabilität wird wieder herrschen, weil Assad den Anstand hat, nur in Kellern zu Tode zu foltern und hinzurichten, statt Videos davon ins Internet zu stellen.

Millionen Angehörige religiöser Minderheiten werden weiter und wieder vor den Islamisten beschützt werden, während sie zugleich den verbrecherischen Geheimdiensten des Regimes ausgeliefert bleiben. Natürlich hätte es unter diesen Millionen auch viele gegeben, die ein pseudo-säkulares Staatssystem schätzen, das aber gerne ohne verschwinden lassen und folternde Geheimdienste erleben würden. Sie wissen nun, dass auf den Westen kein Verlass ist. Dass er sie verrät. Und dass man, wenn man so ein System will, in den Westen gehen muss.

In einem Paralleluniversum hätte ein Präsident John McCain vielleicht im Frühjahr 2011 eine Pressekonferenz einberufen. Er hätte gesagt: „Die Demonstrationen in Syrien zeigen, dass die syrische Bevölkerung einen Wandel will. Assad lässt auf sie schießen. Die Vereinigten Staaten werden dem nicht tatenlos zusehen. Assad hat vier Wochen Zeit, mit der Opposition eine Übergangsregierung zu vereinbaren, die eine neue, demokratische Verfassung ausarbeitet, für deren Einhaltung die USA als Garant einstehen werden. Ich habe in den letzten 24 Stunden mit Präsident Putin und dem saudischen König telefoniert. Ich habe Russland meine volle Unterstützung dabei zugesichert, dass auch die künftige Regierung bestehende Verträge, auch die über die Marinebasis in Tartus, einhalten wird. Der saudische König hat sich bereiterklärt, Assad und seiner Familie Asyl zu gewähren, unter den dort üblichen Bedingungen. Der Familie wird eine Villa zur Verfügung gestellt, dafür verpflichtet sie sich, politisch nicht mehr aktiv zu sein. Wenn sich Präsident Assad nicht dazu bereiterklärt, werden wir nach Ablauf der Frist mit Luftschlägen beginnen um seine militärische Infrastruktur dem Erdboden gleichzumachen. Anschließend werden US-Truppen zusammen mit verbündeten Kräften einmarschieren und das Land befreien. Assads Wahl ist einfach: Ein Exil im Luxus oder der Galgen, wie bei Saddam Hussein.“

In so einer Welt wäre eine bestehende Staatsstruktur erhalten geblieben und hätte einen Übergang ermöglicht. Dazu hätte aber ein Präsident im Weißen Haus regieren müssen, der Freiheit schätzt und sie anderen Menschen ermöglichen will. Dazu hätte es einen US-Präsidenten geben müssen, der im Ausland ernst genommen wird, dessen Drohungen man geglaubt und dessen „Rote Linien“ nicht ständig neu verhandelt werden. Oder einen US-Präsidenten, der bei seiner Gleichgültigkeit gegenüber dem Freiheitskampf unterdrückter Völker wenigstens konsequent ist. So, wie sein Nachfolger verspricht.

Torsten Heinrich ist Autor. Sein jüngstes Buch  finden sie hier, auf Facebook können Sie ihm unter facebook.com/torstenh.de folgen.

 

Bildquelle:

  • Syrien_christliche_Dörfer: pixabay

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