BELLINZONA – Am Fuße des Castelgrande von Bellinzona treffen zwei tief gefallene ehemalige Größen des Weltfußballs aufeinander.Unweit einer der drei Burgen in der Stadt im schweizerischen Kanton Tessin beginnt vor dem Bundesstrafgericht am Mittwoch (9 Uhr) der Prozess gegen den früheren FIFA-Präsidenten Joseph Blatter und den ehemaligen UEFA-Chef Michel Platini. Im Zentrum: Eine dubiose Zahlung in Höhe von zwei Millionen Schweizer Franken (rund 1,92 Millionen Euro) und die Frage, ob die Verteidigung Platinis die Theorie eines «Komplotts» gegen ihren Mandanten erhärten kann.Sieben Jahre nach Eröffnung des Verfahrens gegen Blatter, das schnell auch Platini seine Funktionärskarriere kostete, müssen sich beide wegen des Vorwurfs des Betrugs und weiterer Delikte verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie den Weltverband über eine angeblich noch ausstehende Forderung Platinis getäuscht haben. Blatter soll laut Anklage unrechtmäßig die Zahlung der FIFA in Höhe von zwei Millionen Franken plus Sozialversicherungsbeiträge an Platini bestätigt haben.Sowohl Blatter (86) als auch Platini (66) haben die Vorwürfe zurückgewiesen. «Wir sind zuversichtlich, dass das Verfahren zu einem positiven Ergebnis führen wird, das die völlige Aufrichtigkeit von Herrn Michel Platini in dieser Sache belegen wird», sagte dessen Rechtsanwalt Dominic Nellen. «Die Verteidigung freut sich, dass verschiedene Zeugen, die die Ereignisse genau kennen und die die Bundesanwaltschaft nicht befragen wollte, bei der Hauptverhandlung aussagen werden.»
Gehört werden unter anderen der frühere und inzwischen zurückgetretene Spitzenfunktionär Ángel Maria Villar Llona aus Spanien sowie Olivier Thormann, ehemaliges Mitglied der Bundesanwaltschaft.
Insgesamt sind elf Verhandlungstage bis zum 22. Juni angesetzt. Ein Urteil soll am 8. Juli verkündet werden. Am Mittwoch wird Blatter befragt, einen Tag später folgt Platini, und die Zeugenaussagen beginnen.
Spannend wird auch, inwiefern der Name des aktuellen FIFA-Präsidenten Gianni Infantino im Prozess eine Rolle spielt. Bis zum Bekanntwerden der Vorwürfe galt Platini als logischer Nachfolger Blatters. Nach dem Sturz des Präsidenten der Europäischen Fußball-Union stieg stattdessen Infantino zum Weltverbandschef auf. Platini hatte den Ex-UEFA-Generalsekretär Ende vergangenen Jahres bei der französischen Justiz wegen aktiver Einflussnahme angezeigt. Treffen Infantinos mit dem Ex-Bundesanwalt Michael Lauber sind aber nicht Bestandteil des Prozesses. Der FIFA-Chef hatte den Vorwurf einer Absprache stets zurückgewiesen.