von HEINZ BÜSE
MÖNCHENGLABACH – Marco Rose gratulierte all seinen früheren Gladbacher Spielern zum Derby-Sieg, erst dann kümmerte sich der Coach um die Frustbewältigung im Lager von Borussia Dortmund.
Zu der Zeit waren die vielen Pfiffe für den Ex-Coach an alter Wirkungsstätte längst dem großen Jubel über ein schwer erkämpftes 1:0 (1:0) der Gladbacher Borussia gewichen. «Ich hatte hier zwei hervorragende Jahre. Ich war in der Kabine und habe so viele Menschen getroffen, auf die ich mich gefreut habe», sagte Rose dem TV-Sender Sky. Mit dem unangenehmen Empfang vonseiten der verärgerten Gladbach-Fans hatte er gerechnet: «Man kann sich auf ein paar Dinge einstellen.»
So war es sportlich ein Abend zum Vergessen beim BVB. Kein Torjäger Erling Haaland, kein Kapitän Marco Reus – keine Punkte. Ohne seine beiden verletzten Schlüsselspieler erlitt der BVB nach zuvor vier Erfolgen in Serie wieder einen Rückschlag.
«Bis zum Platzverweis war es ein 50:50-Spiel. Ein Tick mehr Willen und Härte hätte es gebraucht, um zu treffen», sagte Nationalspieler Mats Hummels. Auf der Gegenseite waren die so schwach gestarteten Gladbacher dagegen hochzufrieden.
Hofmann: «Hochverdient gewonnen»
«Wir sind sehr glücklich über die drei Punkte. Wir haben dafür hart gearbeitet. Es war ein richtiger Kampf, diesen haben wir gewonnen. Wir lieben Spiele gegen große Mannschaften», sagte Matchwinner Denis Zakaria, der in aufgeheizter Atmosphäre vor 25.000 Zuschauern im Borussia-Park den Siegtreffer erzielte (37. Minute).
«Wir haben uns total auf uns fokussiert. Das haben wir sehr gut gemacht. Wir haben hochverdient gewonnen. Es ist nicht wieder alles top. Sieben Punkte aus sechs Spielen sind trotzdem zu wenig. Wir sollten diese Euphorie mitnehmen», ergänzte Jonas Hofmann, der sich auf das Wiedersehen mit Rose «gefreut» hat. «Der ein oder andere Fan hat sich auch gefreut, seinem Unmut freien Lauf zu lassen. Es war klar, dass es laut werden würde», sagte der Nationalspieler.
Hummels: Gelb-Rot zu hart
Der BVB verlor nicht nur die Generalprobe für das zweite Gruppenspiel in der Champions League am Dienstag gegen Benfica Lissabon, sondern auch Mahmoud Dahoud. Der ehemalige Gladbacher sah in der 40. Minute die Gelb-Rote Karte, was Hummels als zu hart empfand: «Er gibt Gelb wegen des Abwinkens. Ihn dafür runterzuschicken, ist meines Erachtens falsch.»
Schiedsrichter Deniz Aytekin verteidigte seine Entscheidung. «Wir hatten in der ersten Szene wenige Minuten vorher Guerreiro, der abwinkt. Ich habe ihm unmissverständlich erklärt, dass ich dieses Verhalten auf dem Platz nicht möchte. Wir haben ein Mindestmaß an Respekt verdient», sagte der Referee und führte weiter aus: «Es wird so selbstverständlich gemacht, dass das nichts Schlimmes ist. Natürlich kann man sagen: Es ist hart. Ein bestimmtes Verhalten auf dem Platz muss unterbunden werden. Es hat ja nicht jeder ein Freilos. In der Summe war mir dieses respektlose Abwinken zu viel.»
Rose: «Entweder alle oder gar keiner»
Rose konnte die Entscheidung dagegen nicht verstehen: «Der Grundsatz ist richtig. Da müssen wir uns als Trainer und Spieler in die Pflicht nehmen. Aber sich irgendeinen rauszusuchen und ein Zeichen setzen zu wollen? Entweder alle oder gar keiner.»
Die kurzfristigen Ausfälle der eigentlich unverzichtbaren Stammkräfte Haaland (muskuläre Probleme) und Reus (Kapselreizung im Knie) erforderten einen umfangreichen Umbau in der geplanten Dortmunder Startelf. So stürmte der erst 16 Jahre alte Youssoufa Moukoko für Haaland, den Platz von Reus im zentralen offensiven Mittelfeld nahm Dahoud ein. Zudem stellte Trainer Rose auf eine Dreierkette in der Abwehr um.
BVB mit besserem Start
Trotz dieser Umstellungen erwischte der BVB den besseren Start und schien bei einem Abseitstor durch BVB-Ersatzkapitän Mats Hummels (8.) der frühen Führung nahe. Gleichwohl taten sich beide Teams beim Herausspielen von Torchancen schwer. Den Gladbachern, die wieder auf den von einer Muskelverletzung genesenen Nationalspieler Jonas Hofmann zählen konnten, mangelte es an Ideen, den Gästen an Durchschlagskraft im Angriffszentrum.
Das erwartete Rassespiel der beiden eigentlich spielstarken Teams mit viel Tempo und Torraumszenen entwickelte sich deshalb zunächst nicht. Erst nach 30 Minuten nahm die Partie mehr Fahrt auf, weil die Gladbacher nun mutiger und schneller nach vorn spielten. Und dieser Elan wurde umgehend belohnt. Nach einem unglücklichen Abwehrversuch von BVB-Talent Jude Bellingham war Zakaria mit einem Schuss aus zwölf Metern zur Stelle und brachte sein Team in Führung.
Hofmann und Netz verpassen Entscheidung
Dass Regisseur Dahoud nur drei Minuten später nach seinem zweiten Foulspiel und Unmutsbekundungen gegen Schiedsrichter Deniz Aytekin Gelb-Rot sah, stellte den BVB vor zusätzliche Probleme. Die folgenden Versuche, die Gladbacher Deckung vor der Pause ernsthaft in Verlegenheit zu bringen, blieben wirkungslos.
Auch die mutige Entscheidung von BVB-Coach Rose, zur Pause mit Thorgan Hazard einen weiteren Angreifer für Abwehrspieler Marin Pongracic einzuwechseln, machte sich nicht bezahlt. Die besseren Chancen hatten die Gladbacher bei Schüssen von Hofmann (55.) und Luca Netz (56.). Dagegen war für die harmlosen Dortmunder zumeist spätestens an der Strafraumgrenze Endstation. Vor allem Neuzugang Donyell Malen enttäuschte. In der Schlussminute gab es aber doch noch eine Chance, Hazard scheitert ganz knapp per Kopf.
Bildquelle:
- Borussia Mönchengladbach – Borussia Dortmund: dpa