Alexander Mitsch schmeißt hin: Der Vorsitzende der WerteUnion sieht keine Perspektive mehr, sich weiter für die CDU einzusetzen

Alexander Mitsch (CDU) spricht bei der Jahrestagung der WerteUnion. Foto: Christoph Schmidt

von KLAUS KELLE

BERLIN – Bei der WerteUnion (WU), der Basisbewegung von CDU und CSU, bahnt sich ein erdrutschartiger Wechsel an der Spitze an. Das wurde heute nach einer Sitzung des Bundesvorstands bekannt, auf der der Vorsitzende Alexander Mitsch seinen Rückzug bekanntgab. Mitsch ist seit Gründung das Gesicht der konservativen, bundesweit organisierten Vereinigung, die allerdings nicht den Status einer offiziellen Vereinigung wie Junger Union (JU) und Mittelstandsvereinigung (MIT) erhalten hat . Mehr als 4.000 Anhänger der Union sind hier organisiert, die den Kurs, den die Union unter Führung von Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer eingeschlagen hat, konstruktiv aber mit zunehmender Ablehnung begleitet hat.

In einem Brief wendet sich Mitsch sehr persönlich an die Mitglieder des erweiterten Bundesvorstands und erläutert seine Gründe für den Rückzug

„Nach dem jahrelangen, verheerenden Linkskurs der CDU mit dem Aufgaben wesentlicher christdemokratischer Positionen unter dem Vorsitz und der Kanzlerschaft von Frau Merkel hat sich die Partei in den letzten Monaten in einem beängstigenden Tempo weiter von ihren ursprünglichen Positionen entfernt“,

beginnt der Noch-Vorsitzende seine Generalabrechnung und redet Klartext:

  • Versagen bei der Begrenzung der Einwanderung
  • Die Annäherung an „Die Linke“
  • Das Vernachlässigen der Freiheitsrechte in der Coronakrise
  • Die mehrheitliche Zustimmung zur EU-Schuldenunion.

All diese Punkte machten es ihm unmöglich, sich weiter für die CDU zu engagieren. Die Ablehnung von Friedrich Merz durch den Bundesparteitag zeige ihm, dass es auch keine Aussicht für eine Kurskorrektur in der CDU mehr gebe. Er „befürchte“ zudem, so Mitsch weiter, dass die beiden wahrscheinlichen Anwärter auf die Kanzlerkandidatur Söder und Laschet „um jeden Preis“ eine Koalition mit den in Teilen linksradikalen Grünen anstrebten.

Der Brief endet:

„In diesem Sinne stehe ich der WerteUnion bis zum Ende meiner Amtszeit als Vorsitzender weiter mit ganzer Kraft zur Verfügung und engagiere mich danach für den Aufbau eines starken dynamischen Netzwerks für eine freiheitliche Politikwende in Deutschland.“

Viele Mitglieder hatten in den vergangenen Monaten mit der Faust in der Tasche durchgehalten bis zum Bundesparteitag und der Entscheidung über den nächsten Vorsitzenden der CDU. Als Friedrich Merz dort in der Stichwahl gegen den NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet knapp unterlag, war für viele Mitglieder und Funktionsträger klar, dass diese CDU auch in Zukunft keine Heimat mehr für Wertkonservative und Wirtschafstliberale sein wird.

In den Wochen nach dem Bundesparteitag gab es hektische Aktivität nach allen Richtungen: Eine eigene Partei zu gründen wurde erwogen, Gespräche mit anderen politischen Netzwerken wurden geführt mit dem Ziel, aus verschiedenen Strömungen eine neue Partei zu formen, möglichst mit einem Hans-Georg Maaßen an der Spitze. Oder würde sogar Friedrich Merz selbst etwas machen?

Als erkennbar wurde, dass solche Gedankenspiele aus verschiedenen Gründen nicht den Hauch einer Chance auf Realisierung haben würde, wurde der Unmut in der WerteUnion kaum mehr erträglich mit häufigem heftigem Streit in der Führungsriege über den zukünftigen Kurs. Macht sich die WU selbstständig? Schließt sie sich mit anderen Kleinparteien zusammen? Auch das erschien vielen nicht als Option, die immer noch die Hoffnung nicht aufgeben wollten, dass die CDU reformierbar sein könnte.  Über die AfD wurde überhaupt nicht ernsthaft diskutiert, weil die große Mehrheit in der WerteUnion keine Schnittmengen sieht, schon gar nicht, so lange der völkisch-nationalistische Flügel in der AfD erkennbar so einflussreich ist.

Am 29. Mai soll eine Bundesversammlung den Nachfolger für Alexander Mitsch an der Spitze der WerteUNion wählen – und einen neuen Vorstand. Aber spannender als alle Personalien wird dann sein, welchen Weg die Organisation danach einschlägt – in der Union oder vielleicht auch außerhalb?

Bildquelle:

  • Alexander Mitsch (CDU) steht am Rednerpult: werte union

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.