Düsseldorf – Die Affäre um die umstrittene Bezahlung des Polizeigewerkschafters Rainer Wendt aus Steuermitteln des Landes Nordrhein-Westfalen weitet sich aus.
Nach Informationen des «Kölner Stadt-Anzeigers» bezog Wendt neben seinem Beamtensold als Hauptkommissar ein sechsstelliges Jahresgehalt als Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft. Zudem gibt es in dem Bundesland noch mindestens zwei weitere Vertreter von Polizeigewerkschaften, die bei vollen Bezügen teilweise vom Polizeidienst freigestellt wurden, um gewerkschaftlich zu arbeiten, wie das Innenministerium mitteilte. Zwei Monate vor der Landtagswahl bedrängen Oppositionspolitiker Innenminister Ralf Jäger (SPD), die Ungereimtheiten schnell aufzuklären.
Nach Angaben des Innenministeriums in Düsseldorf handelt es sich bei den beiden weiteren Fällen um Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter und Erich Rettinghaus, den Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Beiden werde bislang «im Rahmen des dienstlich Vertretbaren» erlaubt, gewerkschaftliche Aufgaben wahrzunehmen, erklärte das Ministerium. «Wir nehmen die aktuelle öffentliche Debatte zum Anlass, die bisherigen Regelungen zu überprüfen», hieß es. «Eine faktische Freistellung wie bei Herrn Wendt wird es für die Zukunft nicht mehr geben.» Künftig solle mindestens die Hälfte der Arbeitszeit Polizeiarbeit geleistet werden.
Wendt hatte eingeräumt, dass er zwar jahrelang vom Land als Polizist bezahlt wurde, aber gar nicht als solcher arbeitete. Inzwischen beantragte er den vorgezogenen Ruhestand.
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, sagte dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Montag), die Doppelbezahlung sei problematisch. «Wenn Wendt ein auskömmliches Gehalt bekommen hat, dann gibt es keinen Grund, ihm noch einen Beamtensold zu bezahlen.»
Wie Wendt im Interview von «Report München» sagte, sollte durch seine Besoldung die DPolG unterstützt werden, da diese bei den Personalratswahlen nicht genug Stimmen bekommen hatte, um eine Freistellung von Personalräten zu erreichen.
Wendt sagte der dpa, seine Freistellung sei offiziell im Dezember 2000 abgesegnet worden und aus seiner Sicht rechtlich einwandfrei. Damals war Fritz Behrens (SPD) Innenminister in NRW. Nach Wendts Angaben wurde aber auch der aktuelle Innenminister Jäger informiert.
Auf Antrag der CDU-Opposition soll Jäger deswegen dem Innenausschuss des Landtags am Donnerstag Rede und Antwort stehen. Die CDU will unter anderem wissen, seit wann Jäger von der Besoldung wusste und welche Gesamthöhe die Zahlungen hatten. Der Linke-Innenpolitiker Jasper Prigge erstattete Strafanzeige gegen Jäger – wegen des Verdachts der Untreue.
Wendt, der in vielen Talkshows als Kämpfer für Recht und Ordnung aufgetreten war, war am Sonntag von seiner Gewerkschaft verteidigt worden. Der Eindruck, er habe doppeltes Gehalt bezogen und sich unrechtmäßig bereichert, sei schlicht falsch, teilte die Bundesleitung mit. «In der Summe übersteigen meine Einkünfte das Gehalt eines Hauptkommissars nicht», sagte Wendt der Deutschen Presse-Agentur. Diese Aussage steht im Widerspruch zu dem Medienbericht zu einem sechsstelligen Jahresgehalt, das er neben seinem Beamtensold als Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft bezogen haben soll.
Wie der «Stadt-Anzeiger» unter Berufung auf Regierungskreise und Wendts Umfeld berichtet, gibt es über die Zahlung des Beamtensolds keine schriftliche Vereinbarung. Demnach wurde auch nicht geprüft, ob Wendt darüber hinaus ein reguläres Gehalt als Gewerkschaftsvorsitzender bezog oder nicht.
Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer sieht keinen Rücktrittgrund für Wendt. Es sei zwar «zweifelhaft», wenn der vom Dienst freigestellte Gewerkschafter weiter Bezüge als Polizeibeamter erhalte, sagte Mayer der «Passauer Neuen Presse» (Montag). «Nachdem dies aber offenbar vom Land NRW genehmigt und auch den jeweiligen Landesinnenministern bekannt war», sieht der CSU-Politiker darin kein strafbares Verhalten und keinen Grund für einen Rücktritt Wendts. (dpa)
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- Rainer Wendt: dpa