Wenn wir keine Kinder mehr wollen, dann brauchen wir Zuwanderung – so einfach ist das

Liebe Leserinnen und Leser,

Wahlkampfzeit, das ist ja die Zeit der spritzigen Ideen, oder? Meine Erfahrung ist, dass man den Aussagen von Politikern kurz vor der Stimmabgabe noch weniger Vertrauen kann als ihren Aussagen sonst im Jahr. Aber jetzt sind sie nun einmal da, und dann müssen wir mit ihnen klarkommen, denn sie entscheiden letztlich darüber, wie es mit unserem Land weiter geht. Und wenn ich mir die Kampagne zur Bundestagswahl und insbesondere die drei Helden fürs Kanzleramt anschaue, dann habe ich Augenblicke, in denen ich wirklich verzweifeln möchte.

Aber reden wir über die neue Idee von Christian Dürr, Finanzexperte und Fraktionsvize der FDP im Bundestag. Der macht sich Sorgen um unsere Rente, nicht um seine persönliche, denn die ist sicher, aber um die Frage, wie wir alle mit der gesetzlichen Rente später klarkommen sollen.

Kelle, werden jetzt einige von Ihnen denken, wer noch immer auf die gesetzliche Rente setzt, der wird im Herbst des Lebens aber im wahrsten Sinne des Wortes ganz alt aussehen. Riester muss her, Aktien müssen her, die alten D-Mark-Scheine aus der aldi-Tüte auf dem Dachboden endlich umgetauscht werden und vielleicht erben wir ja auch noch ein bisschen von Onkel Walter, dem es nicht so gut geht in letzter Zeit.

Aber Christian Dürr hat natürlich erst einmal recht, dass sich unser Staat auch Gedanken über das Wohlergehen seiner Bürger im Alter machen muss. Und die Gedanken sind frei, wissen wir, und da muss ich nun leider mal Essig in den Wein derjenigen gießen, die lamentieren, dass sie nicht „so viele Ausländer ins Land“ holen wollen. Vorschläge wie die von Herrn Dürr hängen eng damit zusammen, dass die Deutschen, dass wir, immer weniger Nachkommen haben wollen. Das ist eine freie Entscheidung, der eine will keine Verantwortung für so ein junges Leben übernehmen, der andere sehnt sich nach einer Freiheit, die im Wesentlichen an Urlaub und Karriere ausgerichtet ist. Sollen sich doch die anderen Deppen darum kümmern, dass es weitergeht, und ab nach Phuket.

Nun ist aber das System der dynamischen Rente so angelegt, dass diejenigen, die arbeiten, mit Ihrer Arbeit und ihren Abgaben an den Staat diejenigen finanzieren, die im Alter nicht mehr arbeiten. Und das hat ja Jahrzehnte lang gut geklappt. Und nun wollen wir keine Kinder mehr – freie Verantwortungslosigkeit für freie Bürger – und gleichzeitig wird die Gesellschaft immer älter, was ich mit 62 schon gut finde, was aber für die Rentenkasse ein Problerm ist.

So, und nun sagt Herr Dürr von der FDP: Holen wir jedes Jahr eine halbe Million Zuwanderer aus aller Welt nach Deutschland, die arbeiten dann und finanzieren unsere Rente. Das ist nicht falsch, wenn es sich um Zuwanderer dreht, die hier leben und arbeiten und mitmachen wollen und nicht nur an unsere Kohle wie ein großer Teil der Gäste von Frau Merkel, die aber – ist mir schon klar – keine Zuwanderer sind, sondern Schutzsuchende, alle am 1. Januar geboren, ohne Ausweispapiere aber mit iPhone.

Also: Das Problem ist nicht Zuwanderung an sich, das Problem ist, das wir uns nicht schon vor 20 Jahren Gedanken darüber gemacht haben. Festgelegt haben, wen wir hier haben wollen, welchen Nutzen uns die Leute bringen, die in Dschörmani leben wollen. Und das gibt es ja auch jetzt schon überall, wenn Sie nicht nur auf Allahs Messerstecher schauen, sondern auf die Krankenschwester, den Koch, den Taxifahrer und die Kellnerin. Vor zwei Jahren ist meine Mutter – Gott hab‘ sie selig! – im Alter von 93 Jahren verstorben. Sie war einige Monate wechselweise im Krankenhaus und im Pflegeheim. Nichts wäre da gelaufen ohne den Arzt aus dem Iran, die Pflegerin aus Slowenien oder die Reinigungskraft von den Philippinen. Und wir waren (und sind) froh, dass sie hier sind, und auch Jobs übernehmen, die kaum ein Deutscher mehr machen will.

Wenn wir nicht mehr bereit sind, Kinder in die Welt zu setzen und großzuziehen, aber der deutsche Laden dennoch laufen soll, dann brauchen wir Zuwanderung. Punkt. Das ist reine Mathematik.

Wenn wir also darüber sprechen, wie wir unsere Rente sichern, dann sollte das erste Thema lauten: Warum ziehen wir Millionen Deutsche wirtschaftlich durch, die unproduktiv oder vollkommen nutzlos finanziert werden – WDR-Moderatoren zum Beispiel oder GenderGaga-ProfessoriXXe – ohne endlich zu verlangen, dass sie etwas für die Gemeinschaft tun? Und der zweite Punkt: warum formulieren wir nicht endlich konkret und nachvollziehbar, welche Art von Zuwanderung wir wollen, wen wir hier haben wollen und was wir von ihnen erwarten? Leitkultur ist das Stichwort. Die Amis machen das seit jeher, und die Leute, die es da rein schaffen, sind froh, dazugehören zu dürfen. Aber so weit sind wir in Deutschland noch lange nicht, fürchte ich.

Einen schönen Tag wünscht,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.