Liebe Leserinnen und Leser,
viele von Ihnen kennen das, wenn sie Kinder haben. Und irgendwann sind sie ganz plötzlich erwachsen, und es kommt einem vor, als habe man sie doch erst vor ein paar Wochen eingeschult. Ich bin der festen Überzeugung, dass es nichts Wichtigeres gibt, als den Kindern einen guten Weg ins Leben zu ebnen, sie zu sozialen Wesen zu erziehen, und dass sie zusammenhalten durch dick und dünn. Wir hatten neulich sonntagsmorgens ein Frühstück mit allen, wo es auch darum ging. Haltet immer so zusammen wie jetzt, egal, was kommt, war meine Botschaft an die Blagen, und ich hoffe, ich habe ein kleines Pflänzchen in ihren Hinterköpfen für die Zukunft gepflanzt.
Unsere Älteste hat ihr Studium abgeschlossen, mit Hunderten anderen jungen Polizisten wurden sie gestern in Köln zu Polizeikommissaren graduiert. Blaue Hosen, weite Hemden, alle bekamen ihre Urkunde des Landes Nordrhein-Westfalen und den ersten Stern auf die Schulterklappen. Was mir auffiel war, wie viele Frauen unter ihnen waren und wie viele der Namen, die aufgerufen wurden, einen Migrationshintergrund ahnen ließen. Unsere Tochter sagt, dass die Kollegen aus anderen Ländern und Kulturen, mit denen sie ausgebildet wurde und studiert hatte, prima Menschen und Freunde sind, genauso stolz darauf, einen Dienst für ihr Land leisten zu dürfen wie die Geburtsdeutschen.
Der Kölner Polizeipräsident hielt eine Ansprache, der Leiter der Hochschule für Polizei und Verwaltung NRW, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst war mit einer Videobotschaft an die jungen Polizisten dabei, eine Band des Landespolizeiorchesters trumpfte mit heißen Rhythmen auf, dass man aufspringen und tanzen mochte, was sich natürlich nicht geschickt hätte. Und mittendrin Hunderte stolze Eltern, die unter massivem Einsatz von Ellenbogen die besten Fotos mit ihren Smartphones zu schießen versuchten.
Der Abräumer am Rednerpult schlechthin war CDU-Urgestein und Innenexperte Wolfgang Bosbach, der in der Nähe von Köln lebt und jedes Jahr ein paar Worte sprechen darf hier. Er bekräftigte, dass diese jungen Leute der Garant für den Erhalt unserer Demokratie seien, und dass die Gesellschaft und der Staat immer hinter diesen Menschen stehen müssen, die einen manchmal gefährlichen Dienst für uns alle leisten. Der jahrzehntelange Innenpolitiker erzählte kleine Geschichten aus eigenem Erleben mit Polizeibeamten und bat um Nachsicht, wenn sie mal sein Auto mit dem Kennzeichen…in Bergisch-Gladbach stehen sähen, und dass sie dann nachsichtig sein sollten, weil er gerade in einem Notfall unterwegs sei. Bosbachs Rede wurde mit laut anhaltendem Beifall und Bravo-Rufen gefeiert. Eins Schande, dachte ich, dass dieser großartige Patriot nie Bundesinnenminister werden durfte, weil er ein Konservativer ist. Als Nancy Faeser kurz in meinem Kopf aufblitzte, konzentrierte ich mich auf meine Cola-Flasche in der Hand und verdrängte die bösen Gedanken mit aller Macht.
Es war so schön im großen Saal des Maritim gestern, und es sind diese Momente, wo die gute alte Bundesrepublik wieder lebendig ist, denn solche Veranstaltungen gibt es ja nicht nur bei der Polizei, sondern auch bei Meisterfeiern der Handwerkskammern und bei vielen anderen Veranstaltungen, wo wir unsere Kinder endgültig ins Leben entlassen. Das sind unsere Kinder, die dafür sorgen, dass es weitergeht mit unserem Land in eine Zukunft, die lebenswert für möglichst alle sein soll.
Wir waren noch zum Essen im Anschluss in einem persischen Restaurant in der Domstadt, Geschwister und Schwiegereltern dabei. Trotz festlicher Stimmung bei allen, war ich doch nicht so euphorisch, dass ich das angebotene Kölsch bestellen wollte. Ich bevorzuge bei Feiern Getränke mit Alkohol.
Während ich diesen „Frühen Vogel“ für Sie schreibe, sind die jungen Polizisten zu einer ausgelassenen Abschlussparty in ihrer Hochschule, bevor sie ab Montag raus auf die Straßen müssen, um für unsere Sicherheit zu sorgen, und dafür, dass unser Land nicht kippt. Und ich sitze zu Hause und weiß gar nicht, wohin mit all dem Stolz auf unsere Kinder….
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Klaus Kelle