von FELIX HONEKAMP
Die Rauchschwaden über Hamburg haben sich wieder verzogen, wie ich in dieser Woche persönlich begutachten durfte. Es wird noch ein wenig aufgeräumt, aber die optischen Folgen der Krawalle zum G20-Gipfel werden sich schon beheben lassen. Etwas anderes sind die offenen Fragen hinsichtlich des offensichtlichen Linksextremismusproblems, das in der deutschen Politik bislang negiert wurde. Beinahe niedlich muten die Versuche an, linksextreme Gewalt von linker Politik trennen zu wollen, beinahe mit dem gleichen Wortlaut, wie es rechte Politik mit rechtsextremen Umtrieben versucht. Linke Politik allerdings – so muss sie sich vorwerfen lassen – öffnet die Tür für linken Terror ebenso wie rechte Politik es am anderen Ende des Spektrums tut.
Damit werden wir auch in Zukunft leben müssen. Einen absoluten Schutz gegen Militanz und Terror aus politischem oder religiösem Extremismus, kann es kaum geben. Allerdings ist schon erstaunlich, mit welcher Chuzpe sich „der Staat“ selbst zu schützen in der Lage sieht, wo der normale Bürger in die Röhre schauen muss. Hat sich so mancher schon die Augen gerieben, dass plötzlich Grenzkontrollen eingeführt wurden, die während der sogenannten „Flüchtlingskrise“ als ein Ding der Unmöglichkeit dargestellt wurden, so war die Hamburger Polizei noch erfrischend offener in der Einschätzung, dass man, um den G20-Gipfel schützen zu können, sich eben nicht um die extremistischen Ausschreitungen in Wohnvierteln und brennende Autos unbescholtener Bürger kümmern könne. Logistisch verständlich, aber eine Bankrotterklärung staatlicher Autoritäten: Wir schützen uns selbst, wir können Euch nicht schützen, wir werden Euch nicht schützen. Und Ihr habt das gefälligst zu akzeptieren.
Sicher, so mancher Bewohner angeblich nicht existenter No-Go-Areas in deutschen Großstädten wird über diese Feststellung nur müde lächeln. Aber jetzt trifft es in Hamburg ganz normale Viertel, ganz normale Bürger, die leider zur falschen Zeit ihr Auto an einer sonst ungefährdeten Straße geparkt hatten. Nein, wir werden Euch nicht schützen, so die Regierungsbotschaft der vergangenen Tage, aber wir werden – vielleicht! – für Entschädigung sorgen.
Der deutsche Michel ist in seiner Mehrzahl unbewaffnet – seine Sicherheit hat er, oft nicht ganz freiwillig, an den Staat delegiert. Der unbescholtene Bürger hat keine Möglichkeit, sich mit gleichen Mitteln gegen bewaffnete Angreifer zu wehren, wenn er es doch tut, muss er sich fragen lassen, wieso er sich überhaupt habe bewaffnen können. Dabei beruht das ziemlich weitreichende Waffenverbot auf einem Agreement: Der Staat entwaffnet und sorgt andererseits für Sicherheit. Nebeneffekt: Man muss nicht bei jedem Bürger, mit dem man sich im Straßenverkehr mal nicht einig wird, mit Waffenbesitz rechnen. Gerade letzteres ist das immer wieder vorgebrachte Argument gegen eine liberale Waffenpolitik, wie sie beispielsweise in den USA zu beobachten ist (auch nicht mehr so wie früher, aber immer noch liberaler als in Deutschland und Europa). Das Problem: Der Rechtschaffene lässt sich entwaffnen, der gewaltbereite Radikale oder auch der ganz gewöhnliche Kriminelle aber nicht. Das so entstehende Ungleichgewicht soll die Polizei auffangen. Tut sie das nicht, wird der Staat vertragsbrüchig, und es ist nicht mehr einzusehen, warum ein unbescholtener Bürger – meinetwegen nach einer Untersuchung seines Geisteszustandes – keine Waffe zur Verteidigung besitzen darf.
Genau das ist es, was neben allen anderen politischen Implikationen in Hamburg zu beobachten gewesen ist: Der Staat kapituliert und ist in solchen Situationen nur noch in der Lage, seine eigenen Repräsentanten vor Chaoten und Extremisten zu schützen. Die Lehre, die die Hamburger Bürger, deren Autos abgefackelt oder deren Ladenfronten „entglast“ wurde, ziehen dürfen ist: Gebt mir eine Waffe! Ich werde sie nicht gegen meine Familie einsetzen, ich werde sie nicht gegen meinen Konkurrenten einsetzen, nicht mal gegen einen persönlichen Feind. Aber wenn ich angegriffen werde, will ich mich verteidigen können – denn sonst tut es keiner, kann es keiner, will es keiner. Gibt es Argumente gegen liberale Waffengesetze? Gibt es, aber die fußen alle darauf, dass es eine Alternative gibt. Wenn die wegfällt, ist die Forderung danach nachvollziehbar und berechtigt.
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