Gut oder schlecht? Die Wahl Macrons garantiert auf jeden Fall Stabilität für Paris, Brüssel und Berlin

Emmanuel Macron hat die Wahl in Frankreich gewonnen. Foto: Ludovic Marin/AFP/dpa

von KLAUS KELLE

PARIS – Die Medien heizten die Spannung seit zwei Wochen an, am Ende wurde die Präsidentschaftswahl in Frankreich ein großer Erfolg für den alten und neuen Präsidenten Emmanul Macron. 16 Prozent Vorsprung – ein Kopf-an-Kopf-Rennen sieht anders aus. Alle gegen Le Pen – so lautete die Parole, nachdem klar war, dass es zu einer Neuauflage der Kräftmessens um den Élysée-Palast
zwischen der Rechten und dem Linken kommen würde, wenn Sie mir erlauben das etwas zu vereinfachen.

Dabei ist Frau Le Pen gar keine wirkliche Rechte, im Grunde ist sie eine Sozialistin, die zwar den Islam in ihrem Land bekämpft und Frankreich wieder zu einer echten Grande Nation machen will, was ja auch Boris Johnson nach dem Brexit versucht. Ein großes Land im Herzen Europas ohne die Fesseln der Abstimmung mit zwei Dutzend weiteren Staaten, ohne Vorschriften und linke Volksbeglückung aus Brüssel.

Auch in Teilen Ostdeutschlands findet man seit einiger Zeit ja vermehrt Rechte, die meinen, wenn sie vor Sozialimus noch ein kleines „patriotisch“ dazustellen, dann würde es – dieses Mal aber wirklich – funktionieren. Ist aber ein Irrtum. Sozialismus funktioniert nie, einfach, weil diese Gleichmacherei der Natur des Menschen widerspricht, und weil sie immer zur Unterdrückung führt und mit Gewalt verbunden ist, wie wir ja sowohl in Kuba als auch in Venezuela erleben durften – zum Glück nur aus der Ferne. Schönes Wetter, mieses System. Doch nichts kann so ätzend sein, als dass es nicht Menschen gäbe, die unbedingt mit dem Kopf durch die Wand wollen. Egal für oder gegen was auch immer – Hauptsache ist, irgendwie dagegen.

Anders als beim Sozialismus, der schon als Idee idiotisch ist, wäre ein vereintes Europa souveräner Vaterländer eine gute Sache. Aber sie versauen es in Brüssel aus vielerlei Gründen. Nicht die EU an sich ist das Problem, sie ist/wäre eine richtig gute Idee. Mit mehr Transparenz, mit mehr Demokratie und mit mehr Konzentrieren auf den Kernauftrag.

Macron, jetzt widergewählt, war nach dem ersten Wahlgang nervös geworden. In den zwei Wochen vor seiner Wiederwahl zog er immer wieder sein Jackett aus, um sich in eine Menschenmenge zu begeben und beschimpfen zu lassen. «Ich habe Sie 2017 gewählt, aber ich bedauere es», sagt eine Frau im Norden Frankreichs vor wenigen Tagen zu ihm.

«Macron, tritt zurück!», skandieren ihm in der Pariser Vorstadt Saint-Denis junge Leute entgegen. «Präsident der Reichen», schallt es von anderen. Vor der Stichwahl um den Präsidentenpalast ging der 44-Jährige in die Orte, wo Menschen sich nicht für ein Selfie nach vorne drängen, sondern um ihm ins Gesicht zu sagen, was schief läuft in Frankreich.

Der Weg heraus aus der Komfortzone des Élyséepalasts, runter von den Rednerpulten der Wahlkampfhallen, das hat sich am Ende für Macron ausgezahlt. Mit klarer Mehrheit von 58 bis 58,2 Prozent nach den Hochrechnungen bestätigten die Franzosen den 44-Jährigen eine zweite Amtszeit.

Auf den letzten Meter hatte auch die sogenannte Zivilgesellschaft mobil gemacht. Parteien, Verbände, Sportler, Künstler – sie alle riefen die Bevölkerung mit Nachdruck auf, bloß nicht Le Pen zu wählen, sie nicht mit einer Enthaltung ins Amt zu heben, und auch wenn es weh tut, für den einzigen zu stimmen, der sie verhindern konnte: Macron. Am Ende zeigte das Wirkung – wenn auch wohl viele Landsleute Macron nur widerwillig ihre Stimme gaben, um eine Präsidentin Le Pen zu verhindern.

Am Ende des Tages ist Aufatmen in Paris, Brüssel und Berlin. Frankreich ist einer der Stützpfeiler der EU und inzwischen auch wieder der NATO. Le Pen, die bis zum russischen Überfall auf die Ukraine sogar noch auf Werbeprospekten und Plakaten ihre persönlich gute Beziehung zum Kreml-Chef Putin demonstrierte, erinnerte die Franzosen daran, was für neue Freunde sie auf keinen Fall haben wollen: ein aggressives, rücksichtslose Russland, das Europa mit dem Einsatz von Atomwaffen droht.

Und so dürfte der Wahlabend in Frankreich auch am langen Tisch Putins nicht für gute Stimmung gesorgt haben. Frankreich steht. Und damit steht auch die Europäische Union weiter. In der jetzigen Situation wäre es sehr schlecht gewesen, wenn das große Nachbarland ins Schlingern geraten wäre.

Der überzeugende Wahlsieg Macrons kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass jetzt viele ungelöste, konfliktträchtige Themen wieder aufploppen oder neu entstehen werden. Der Schwund ihrer Kaufkraft verärgert die Franzosen, das Bildungswesen und das Gesundheitssystem müssen dringend reformiert werden. Und bei der Diskussion um die von Macron gewollte Rente mit 65 stehen schon in Kürze wieder massive Proteste im ganzen Land an.

Aber erstmal bringt das Wahlergebnis Stabilität in die deutsch-französische Achse und damit nach ganz Europa. Und die Ablehnung gegen Putins Krieg bleibt so konsequent wie in den vergangenen zwei Monaten. Und das ist auf jeden Fall eine gute Nachricht.

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Bildquelle:

  • Emmanuel Macron: dpa

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.