Neues aus Söderland: Bayern schickt Schüler, die nicht getestet sind wieder nach Hause

von MARTIN D. WIND

MÜNCHEN – Darf man sich über „Wutbürger“ ärgern, wenn man perfide gegen Eltern und Kinder agitiert? In Bayern unter Markus Söder von der Christlich-Sozialen Union (CSU), erarbeitet der Jurist und Ministerialdirigent Stefan Graf für seinen Dienstherrn Minister Michael Piazolo, ebenfalls ein Jurist, Freie Wähler (FW), einen Plan, der Menschen mit einem anständigen Charakter die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste: Eigentlich darf niemand dazu gezwungen werden, sich per Test bestätigen zu lassen, dass er gesund ist. Eigentlich. Die Akteure wissen das sehr genau.

Doch in Bayern unter der Herrschaft Söders, ticken die Uhren anders. Laut Piazolos und seines Subalternen Plan, sollen künftig nur Kinder den Unterricht besuchen dürfen, die per Test beweisen, dass sie gesund sind. Wer nicht getestet ist, wird aussortiert, abgewiesen und nach Hause geschickt. Die behördlich angeordnete Absonderung wird den Kindern als „unentschuldigtes Fehlen“, als „Schwänzen“ der Schulpflicht angelastet, die Eltern werden an ihre Pflichten erinnert.

So steht es in einer Anweisung des Ministerialdirigenten Graf an die Schulen, in der er beinahe stolz darauf hinweist, dass der Test nicht verpflichtend gemacht werden könne, er aber einen Trick gefunden habe, die verbotene Pflichttestung durchzusetzen – nach dem Motto „Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.“: „Wir weisen darauf hin, dass Schulpflichtverletzungen nicht nur mit Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach Art. 86 BayEUG belegt, sondern nach Art. 119 Abs. 1 Nr. 2 und 4 BayEUG auch als Ordnungswidrigkeiten sowohl gegenüber Schülerinnen und Schülern als auch gegenüber Erziehungsberechtigten geahndet werden können. Schülerinnen und Schüler, die die Vorlage eines Testnachweises verweigern, gelten als unentschuldigt und erhalten bei angekündigten Leistungsnachweisen im Unterricht die Note ungenügend.“

Graf gefährdet auf brachiale Art die berufliche Zukunft der Kinder, indem er versetzungs- und schulwahlrelevante Leistungsbeurteilungen willkürlich verweigert. Darüber hinaus übersieht er nach Meinung vieler Eltern, dass aus der Schulpflicht der Kinder, eine Beschulungspflicht seitens des Staates erwächst. Zwischen Parteien, zwischen Volk und Behörden, hat in einem Rechtsstaat „gleiche Augenhöhe“ zu herrschen.

Und so regt sich Widerstand. Es gibt Eltern, die wollen ihre Kinder vor dem Selektionsdruck einer exhibitionistisch wirkenden Gesundheitstestung schützen. Diese Eltern berufen sich auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), 20. Senat, vom 12. April. Da heißt es unter anderem: „(…) weil die Erfüllung der Testung nicht vom Antragsgegner erzwungen werden kann. Vielmehr trifft durch § 18 Abs. 4 12.BayIfSMV Schülerinnen und Schüler die Obliegenheit, ein entsprechendes negatives Testergebnis vorzuweisen, um am Präsenzunterricht teilnehmen zu können. Erfüllen Schülerinnen und Schüler diese Testobliegenheit nicht, findet für sie Distanzunterricht und Distanzlernen statt.“ Bisher hatte das funktioniert. Bei allen Mühen, die die Beschulung zuhause mit sich brachte, lernten viele Eltern auch, dass teilweise die Lernergebnisse ihrer Kinder besser, das Leistungsniveau gehoben wurde. Plötzlich soll die Fernbeschulung nicht mehr funktionieren und den Kindern soll die Benotung ihrer Leistungen verweigert werden?

Nun ist der Markus Söder dafür bekannt, für den Machterhalt und das Durchsetzen seiner Agenden alles zu opfern – selbst einen guten Ruf – falls je vorhanden – oder gar die Reputation der Partei, die formal noch „christlich-sozial“ im Namen führt. Und Markus Söder will nun mal auf Teufel komm raus, eine Ausweitung seiner politischen Pandemiemaßnahmen. Dafür geht er auch gegen Kinder und deren Eltern vor. Stur hält er – ohne Rücksicht auf Verluste – seinen Kurs.

In ihrer Not und Machtlosigkeit haben sich Eltern vertrauensvoll erneut an das Gerichte gewandt und Hilfe gegen dieses Gebaren der bayerischen Regierung gesucht. Das BayVGH sollte in einer Normenkontrollsache darüber befinden, ob Piazolos Anordnungen Bestand haben. Kinder wollten – vertreten durch ihre Eltern – vom Recht auf Beschulung und vom Recht auf Freiheit vom Testzwang Gebrauch machen, wie der 20 Senat im April beschieden hat. Der 25. Senat des BayVGH beschließt, den Antrag abzulehnen. Begründung: Die Testpflicht zum Präsenzunterricht ist aufgrund der Seuchengesetzgebung zulässig.

Das war aber nicht Inhalt des Antrages. In der Beschlussbegründung wird deutlich, dass der Senat die Intention des Antrags entweder nicht erkannt hat oder nicht erkennen wollte: Die Kinder hatten nicht gegen die Testpflicht geklagt, sondern auf ihr Recht auf (Fern)Beschulung und Benotung. Bei Betrachtung der Gemengelage kommt ein sehr fader Beigeschmack auf und man ahnt, wie der Begriff „Winkeladvokat“ entstanden sein könnte. Ach so: „Dieser Beschluss ist unanfechtbar.“ Es gibt Eltern, die von Regierung und Gerichten so abgestoßen sind, dass sie überlegen auszuwandern. Dorthin, wo die Heimbeschulung erlaubt und kein Problem ist.

Bildquelle:

  • Corona_Test: dpa

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