von GISELA GROSS
Berlin – Für Touristen sind sie ein unverzichtbares Foto-Motiv und Berlin-Wahrzeichen: die Ost-Ampelmännchen, deren Erfinder Karl Peglau an diesem Donnerstag 90 Jahre alt geworden wäre.
Dabei waren die roten und grünen Männchen für Peglau selbst zunächst nicht mehr als ein «Nebenprodukt», die spätere Bekanntheit kam völlig unerwartet, wie der im sächsischen Bad Muskau geborene Verkehrspsychologe einmal in einem Interview sagte.
Peglau, der 2009 im Alter von 82 Jahren starb, arbeitete beim Medizinischen Dienst des DDR-Verkehrswesens. Dort beschäftigte er sich etwa mit der Tauglichkeit von Verkehrsteilnehmern. Wegen der damals zahlreichen Verkehrsunfälle entwarf er die heutigen Kultfiguren im Oktober 1961 – eigens als Signal für Fußgänger.
Acht Jahre später, 1969, regelten die Männchen erstmals den Verkehr in der zentralen Berliner Friedrichstraße. In den kommenden Jahren erklommen seine «echten Berliner Jören», wie er die Figuren rückblickend nannte, alle DDR-Ampeln.
Beim Entwerfen half Peglaus Sekretärin mit. Freundlich, gemütlich, knubbelig – in Peglaus Augen ist es vor allem die «gemütliche Dicklichkeit» der Ampelmänner, die sie so beliebt gemacht haben. Die Figuren aus dem Westen sind im Vergleich dazu schmal und kantig.
Und dann sind da noch die Details, die Peglaus Männchen einzigartig machen: Sie tragen etwa einen Hut – auch wenn sich der Erfinder darüber zunächst den Kopf zerbrach. Denn der Hut galt in der DDR als kapitalistisches Symbol. Erst als Peglau im Fernsehen Erich Honecker mit Strohhut sah, war der Weg frei.
So berichtet es die Ampelmann GmbH, die heute mehrere Hundert verschiedene Ampelmann-Produkte verkauft. Auch dass das Grün-Männchen auf den Ampeln nach links läuft, sei kein Zufall. Einst habe Peglau einen Schritt nach rechts vorgesehen, doch das hätte nicht der Ideologie entsprochen. Auf den Souvenirs mit Ampelmann-Logo läuft der Mann dennoch nach rechts: weil es die grafisch elegantere und dynamischere Richtung sei, erklärt das Unternehmen des Produktdesigners Markus Heckhausen.
Er erkannte den Charme der Figuren in der Nachwendezeit, als die alten Ampeln eigentlich aus dem Stadtbild verschwinden sollten. Auch viele andere Bürger sahen die drohende Entsorgung kritisch, die Männchen wurden so Symbol der «Nach-Wende-Abwicklungsmentalität», wie Peglau sagte. Schließlich wurden Politiker aufmerksam und die Ost-Männchen gerettet. Später überließ Peglau dem Designer die Nutzungsrechte.
Heute leuchten die Ampelmänner nach Schätzungen auf zwei Dritteln der Berliner Ampeln – auch im ehemaligen Westteil der Stadt. Forscher haben sogar nachgewiesen, dass Peglaus leicht mollige Männchen wegen ihrer größeren Leuchtfläche besser erkannt werden als die West-Konkurrenz.
Bildquelle:
- Karl Peglau: dpa