Slowenischer Minister Ales Hojs provoziert Brüssel

Ursula von der Leyen (l), Präsidentin der EU-Kommission, und Janez Jansa, Ministerpräsident von Slowenien, sitzen während eines bilaterales Treffens zusammen. Foto: Nebojsa Tejic/STA/dpa

LJUBELJANA – Die rechtsnationale Regierung Sloweniens sorgt zum Auftakt ihrer sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft mit Provokationen gegen die EU-Kommission von Ursula von der Leyen für Aufsehen.

Innenminister Ales Hojs sagte heute in einer Pressekonferenz, er werde künftig eventuell ein ranghohes Mitglied der «europäischen Bürokratie» als «Schwein» bezeichnen. Grund sei all das, was er am Vortag gehört habe.

Hojs spielte damit offensichtlich auf den Eklat bei einem Treffen mit der EU-Kommission an. Zu ihm war es gekommen, weil sich der rechtsnationale Ministerpräsident Janez Jansa in einer Arbeitssitzung über angeblich kommunistische Richter und Abgeordnete in seinem Land beschwert hatte. Dazu wurde auch ein Foto gezeigt, auf dem von Jansa kritisierte Richter farbig eingekreist waren.
Timmermans boykottierte Termin

Der sozialdemokratische EU-Kommissionsvize Frans Timmermans boykottierte daraufhin demonstrativ den anschließenden Termin für das Familienfoto und machte Jansa schwere Vorwürfe. Er habe einfach nicht auf demselben Podium mit Jansa stehen können, nachdem dieser zwei Richter und zwei Abgeordnete der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament «inakzeptabel angegriffen und diffamiert» habe, kommentierte der Niederländer. Die Unabhängigkeit der Justiz und die Achtung der Rolle der gewählten Abgeordneten seien ein Grundpfeiler der Rechtsstaatlichkeit, ohne die die EU nicht funktionieren könne.

Hojs beteuerte kurz nach der Pressekonferenz im Brdo Congress Center in einer Twitter-Nachricht, dass er bei seinen Äußerungen nicht Timmermans im Sinn gehabt habe. Er schrieb allerdings auch nicht, an wen er gedacht habe. In der Pressekonferenz hatte er gesagt, er wolle dies vorerst geheim halten.

Theoretisch könnte Hojs zum Beispiel auch Kommissionschefin von der Leyen gemeint habe. Diese hatte Jansa gestern öffentlich ermahnt, sich an rechtsstaatliche Standards zu halten. Vertrauen sei das wertvollste Kapital der EU, sagte sie. Dazu gehöre auch Vertrauen in ein unabhängiges Justizsystem.

Jansa verteidigte heute hingegen die Präsentation des Fotos, auf dem Richter bei einer linken politischen Veranstaltung zu sehen waren. Dieses sollte seinen Angaben deutlich machen, dass sich hohe Richter in Slowenien an linken politischen Kampagnen beteiligten. Diese Richter schickten dann Leute ins Gefängnis, die auf der anderen Seite des politischen Spektrums stünden, sagte Jansa. Das sei keine Unabhängigkeit.

Slowenien übernimmt EU-Ratsvorsitz

Slowenien hatte den alle sechs Monate wechselnden EU-Ratsvorsitz gestern von Portugal übernommen. Als kleines Land mit nur rund 2,1 Millionen Einwohnern besitzt es bei europäischen Entscheidungsprozessen normalerweise keinen besonders großen Einfluss. Als EU-Vorsitzland kommt ihm nun aber für eine halbes Jahr eine wichtige Vermittlerrolle bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den EU-Staaten zu. Zudem kann es eigenständig Themen setzen.

Wegen des umstrittenen politischen Kurses von Jansa muss das Land allerdings fürchten, dass andere Themen die Präsidentschaft überschatten. Der Politiker steht unter anderem in der Kritik, weil er die Arbeit der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft behindert, indem er die Entsendung zweier slowenischer Ankläger blockiert. Zudem werden ihm Angriffe gegen die Pressefreiheit und Zivilgesellschaft sowie eine Unterstützung des umstrittenen ungarischen Gesetzes zur Einschränkung von Informationen über Homosexualität vorgeworfen.

Jansa wies die Vorwürfe heute zurück und beschuldigte hingegen die EU-Kommission, voreingenommen zu sein. Er habe überhaupt gar kein Problem damit, dass jemand die Situation der Rechtsstaatlichkeit oder die Medienfreiheit in Slowenien untersuche, sagte er. Slowenien sei allerdings kein «Zweite-Klasse-Mitglied» der EU und verlange wie alle anderen auch behandelt zu werden.

Bildquelle:

  • EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in Slowenien: dpa

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