Die AfD nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt

Liebe Leserinnen und Leser,

die AfD hat es nicht geschafft, stärkste Partei in Sachsen-Anhalt zu werden. Aber ehrlich: Das muss man auch nicht, wenn man erst seit wenigen Jahren im Parlament mitmischt. Die Umfragewerte hatten sich zeitweise in den Wochen vor dem Urnengang nah an die regierende CDU herangerobbt, und die schwache Performance von Armin Laschet sorgte auch nicht für Rückenwind für die Union. Aber dass Reiner Haselhoff bei den Bürgern in Sachsen-Anhalt persönlich sehr beliebt ist, das hätte man wissen können. Kurzum: Es war in den letzten Tagen vor der Wahl absehbar, dass die CDU als erster durchs Ziel laufen würde.

Die AfD hat erneut ein starkes Ergebnis eingefahren. 20,9 Prozent – Stand im Moment ist ein deutliches Zeichen, dass die Partei in Ostdeutschland Volkspartei sein kann. Aber ein Verlust von 3,4 Prozent zeigt eben auch, dass die hellblauen Bäume nicht in den Himmel wachsen.

AfD- Chef Jörg Meuthen gratulierte den Parteifreunden in Magdeburg am Abend zum Erfolg, gab aber auch zu bedenken, dass angesichts der „unübersehbar desolaten Verfassung der politischen Konkurrenz – vor allem der CDU“ ein Wahlkampf erfolgreicher hätte sein können, der „stärker in die Mitte“ zielt und weniger auf reinen Protest.

Und das könnte für die AfD durchaus eine Lehre am gestrigen Abend sein. Wahlen werden in der Mitte gewonnen, und nur da. Diese alte Regel kennen die Wahlkämpfer der „Altparteien“, wie man das in der AfD nennt, nur zu gut. Und gerade im Osten Deutschlands will man Veränderungen der etablierten Politik, an Corona-Beschränkungen, Klima-Hysterie, Gendersternchen und all diesen Dingen. Aber die große Mehrheit will eben ganz sicher kein anderes „System“. Sie wollen ihr altes Deutschland zurückhaben, sie wollen mit großer Mehrheit keine Grünen in den Regierungen, die man ihnen trotz magerer Wahlergebnisse aber regelmäßig vorsetzt. Sie wollen keine Radikalisierung der Politik, keine unrealistischen völkischen Träumereien von Deutschland, Deutschland über alles. Da sind wir alle schon ein paar Jahrzehnte weiter. Und sie wollen in der Realität bleiben und nicht nur in einer Blase, wie die paar Handvoll Aktivisten, die am Abend noch Twitter zuspamten mit der Behauptung, es habe Wahlbetrug zu Lasten der AfD gegeben. Das ist unseriös und einfach lächerlich.

Die AfD hat einen Achtungserfolg errungen, dass niemand mit ihr in Magdeburg eine Regierung bilden würde, war sowieso klar. Auch bei den Grünen war es ein langer Weg, bis sie im Establishment angekommen sind und an der Macht teilhaben und ihre Politik machen konnten. Und die Grünen haben hart dafür gekämpft, Irrläufer wie damals zum Beispiel Jutta von Dittfurth rauszubekommen.

Als Bürgerlicher freue ich mich erst einmal, dass Linke, SPD und Grüne in Sachsen-Anhalt zusammen nur schlappe 25,6 Prozent geholt haben. Und dass eine Regierungsbildung ohne die Grünen möglich ist, und dass die FDP wieder drin ist und die Freien Wählern einen Achtungsgerfolg von 3,1 Prozent erzielten. Das hätte deutlich schlechter laufen können gestern in Sachsen-Anhalt, finde ich.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.