von KLAUS KELLE
BRÜSSEL – Als zur Jahrtausendwende der Euro als Gemeinschaftswährung für zunächst elf EU-Mitgliedsstaaten (Belgien, Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Finnland) eingeführt wuirde, war die Begeisterung bei den Deutschen, sagen wir, verhalten. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) setzte sich schließlich mit dem Argument durch, dass der Euro ein „Friedenswerk“ sei und versprach, dass die neue Währung stabil sei und als Zahlungsmittel global akzeptiert werde.
Im Jahr 1948, drei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg taugte die Reichsmark (RM) nicht mehr als deutsche Leitwährung, da das zerstörte und geschlagene Deutschland keine volkswirtschaftliche Deckung mehr hatte, geschweige den die Bevölkerung der Reichsmark noch vertraute.
Eine Währungsreform war die Lösung, man führte die DM – die Deutsche Mark – ein, ein Zahlungsmittel, das so stark und stabil wurde, dass große Teile der Bevölkerung ein fast emotionales Verhältnis zu dieser DM entwickelte. Und die berechtigte Frage stellt: Wenn wir so gut mit unserer Mark fahren, warum sollen wir sie jetzt abschaffen und uns auf ein ungewisses Abenteuer einlassen?
Diesem Frage begegnete die Kohl-Regierung mit einer festen Zusage: Bei der Einführung des Euro werde es ausdrücklich und ausschließlich um eine Währungsunion, nicht etwa um eine Transfer- oder gar Schuldenunion, gehen. Der Euro, so die versicheung, die zog, werde genauso stabil sein, wie es die D-Mark war.
Morgen gegen Mittag wird sich der Deutsche Bundestag mit einem Antrag zum EU-Eigenmittelbeschluss beschäftigen, der den endgültigen Bruch das bei Einführung des Euro der Bevölkerung gegebenen Versprechens bedeutet.
Mit diesem Antrag, über den das deutsche Parlament morgen abstimmen wird, soll die Europäische Kommission dazu ermächtigt werden, Eigenmittel zu erwirtschaften, um das Aufbauprogramm „Next Generation EU“ zu finanzieren. Das heißt, dass die EU künftig eigenständig Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen darf.
Finanzministers Olaf Scholz (SPD) triumphierte schon im Vorfeld, als er sagte:
„Der Wiederaufbaufonds ist ein echter Fortschritt für Deutschland und Europa, der sich nicht mehr zurückdrehen lässt. Die EU nimmt erstmals gemeinsam Schulden auf“.
Was SPD-Kanzlerkandidat Scholz nicht sagt: Die Steuerzahler aller EU-Länder werden künftig für Kreditaufnahmen der EU haften müssen. In Maastricht wurde einst aus gutem Grund vereinbart, aus der Währungsunion keine Schuldenunion zu machen. Sollte der Bundestag dem Eigenmittelbeschluss zustimmen, würde das Vertrauen der Bürger in die Politik und das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Volksvertreter ein weiteres Mal schwer erschüttert werden.
Der Unmut in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist seit Tagen wegen der schlechten Performance ihrer Bundeskanzlerin in der Corona-Krise völlig im Keller. Und jetzt die EU-Schuldenunion.
Das Schöne an der Plenatsitzung in Berlin morgen wird sein, dass über den Antrag in offener Abstimmung entschieden wird, namentlich, so dass jeder Bürger, jeder Wählen morgen sehen kann, was seine Wahlkreisabgeordneten zum Thema Schuldenunion machen. Ich freue mich auf die Sitzung, denn jeder kann dann sehen, wer unserer Volksvertreter noch die Interessen unseres Landes vertritt.
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