STRESSBURG – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich in ihrer jährlichen Rede zur Lage der Union nicht dazu geäußert, ob sie nach der Europawahl im kommenden Juni eine weitere Amtszeit anstrebt.
Die deutsche Spitzenpolitikerin legte den Schwerpunkt ihrer etwas mehr als einstündigen Rede stattdessen auf noch geplante Projekte in den kommenden Monaten. Dazu gehören unter anderem der Kampf gegen illegale Migration und die Bestrebungen, die Abhängigkeiten der EU von Ländern wie China zu reduzieren.
Zu den anstehenden Wahlen äußerte sich von der Leyen lediglich allgemein. «In weniger als 300 Tagen werden die Europäerinnen und Europäer in unserer einzigartigen und bemerkenswerten Demokratie zu den Wahlurnen gehen», sagte sie.
Wie bei jeder Wahl werde dies der Moment sein, «wenn die Menschen über die Lage in unserer Europäischen Union nachdenken werden – und darüber, was jene geleistet haben, die unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger vertreten». Zudem werde es auch der Moment sein, darüber zu entscheiden, welche Zukunft und welches Europa die Wählerinnen und Wähler sich wünschen.
Um weitere fünf Jahre an der Spitze der EU-Kommission bleiben zu können, müsste sich die CDU-Politikerin von der Leyen nach derzeitigem Stand der Dinge als Spitzenkandidatin der europäischen Parteienfamilie EVP für die Europawahl aufstellen lassen. Zu dieser gehören neben der deutschen CDU und CSU unter anderem die österreichische ÖVP, die italienische Forza Italia oder Spaniens konservative Volkspartei PP.
Nachfolgerin von Stoltenberg?
Bislang ist von der Leyen öffentlich allen Fragen nach einer möglichen zweiten Amtszeit ausgewichen. Als ein möglicher Grund gilt, dass die 64-Jährige nicht jetzt schon mit dem Wahlkampf beginnen will, sondern noch einige Monate wichtige EU-Projekte vorantreiben möchte.
Spekuliert wird aber auch, dass vor allem die US-Regierung sie gerne als Nachfolger von Jens Stoltenberg als NATO-Generalsekretär sehen würde und sie sich diese Möglichkeit noch offenhalten will. Der Norweger will sein Amt nach dem nächsten großen Bündnisgipfel im Sommer 2024 in Washington endgültig abgeben. Als frühere Verteidigungsministerin gilt von der Leyen als mögliche Idealbesetzung für den Spitzenjob.
CDU-Chef Merz: «Unsere Unterstützung (…) hat sie»
Die Rede zur Lage der Union wird jedes Jahr im September vom EU-Kommissionspräsidenten oder der -präsidentin im Europaparlament gehalten. Sie ist an die Rede zur Lage der Nation angelehnt, die als eine der wichtigsten Reden des US-Präsidenten gilt.
Befürwortet wird eine mögliche weitere Amtszeit von der Leyens unter anderem von der CDU-Spitze. «Unsere Unterstützung im Falle einer entsprechenden Bereitschaft hat sie», sagte Parteichef Friedrich Merz bereits im April nach einer CDU-Präsidiumssitzung. Von der Leyen erklärte damals zu der Frage nach einer erneuten Kandidatur, sie habe ihre Entscheidung noch nicht getroffen. Für sie sei wichtig, dass in diesen kritischen Zeiten die Institutionen der EU geschlossen arbeiteten.
Internationale Konferenz gegen Menschenhandel
Die EU-Kommission plant ihrer Rede zufolge eine Internationale Konferenz gegen Menschenhandel. «Es ist Zeit, diesem skrupellosen und verbrecherischen Geschäft ein Ende zu bereiten», sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrer Rede.
Schlepper köderten verzweifelte Menschen und schickten sie über tödliche Routen durch die Wüste oder in nicht seetüchtigen Booten aufs offene Meer, beklagte von der Leyen. Gesetze müssten strenger angewendet werden, außerdem bräuchten EU-Behörden wie zum Beispiel die Grenzschutzagentur Frontex mehr Befugnisse. Allerdings könne der weltweite Menschenhandel nur in Zusammenarbeit mit den Partnern bekämpft werden, weshalb es eine Konferenz brauche.
Ukraine-Flüchtlinge sollen weiter von Sonderregeln profitieren
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen außerdem mindestens bis März 2025 problemlos in der EU bleiben können. Die Kommission werde vorschlagen, die Regelung für den vorübergehenden Schutz für die Ukrainerinnen und Ukrainer in der EU zu verlängern, kündigte von der Leyen an.
Die vier Millionen Menschen, die seit Beginn des Krieges in der EU Zuflucht gefunden haben, seien heute noch genauso willkommen wie in den schicksalhaften ersten Wochen. «Unsere Unterstützung der Ukraine wird von Dauer sein», sagte die deutsche Spitzenpolitikerin.
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- Ursula von der Leyen: dpa