Warum setzt sich eigentlich niemand mit der AfD politisch auseinander?

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Wohin ich auch komme in diesen Tagen, überall dreht sich das Gespräch nach kurzer Zeit um die AfD. So gestern Abend bei einem Abendessen mit Freunden, wo wir noch vor der Vorspeise beim Italiener irgendwie auf den Spitzenkandidaten der Partei zur Europawahl, Maximilian Krah, zu sprechen kamen. Ein kluger, sympathischer Typ, schallte es von der anderen Tischseite zu mir herüber, ein korrupter China-Lobbyist, hielt man dagegen. Das Thema AfD lässt niemanden kalt.

Der Liberale Gerhard Baum hat gerade an Bundeskanzler Olaf Scholz appelliert, das Thema AfD und Gefahr für die Demokratie zur Chefsache zu machen. Er nannte die AfDler „Demokratieverächter“ und mahnte: «Alle kommen aus der Sommerpause und machen einfach weiter, als hätte der Magdeburger Parteitag der AfD nicht erschreckend gezeigt, dass unsere freiheitliche Ordnung einem massiven Angriff ausgesetzt ist – und Europa dazu.»

Massiver Angriff auf die Demokratie?

Geht’s vielleicht auch eine Nummer kleiner? Ich teile nahezu keine politische Ansicht von Baum, aber ich habe Respekt vor seiner Lebensleistung. Der Mann steht Zeit seines Lebens für den linksliberalen Rechtsstaat. Für den Rechtsstaat bin ich auch, für Datenschutz vor Verbrechensbekämpfung ganz sicher nicht. Und dass der Mann sich Sorgen über das Erstarken der AfD macht, ist sein gutes Recht. Freiheit, Demokratie und so. Aber wie alle anderen im Raumschiff Berlin, in der Blase der etablierten Parteien, begeht Baum den Fehler, seine persönliche Binnenbetrachtung als allgemeingültig anzusehen.

Die AfD wurde doch gerade gegründet, weil es im Zusammenhang mit der sogenannten Euro-Rettung massive Verstöße gegen rechtsverbindliche Regeln gegeben hat. Verstöße seitens der regierenden Parteien. Und als es um die ungeregelte Massenmigration nach Deutschland ging, wurden Gesetze gebrochen, dass es nur so kracht. Nationale wie internationale.
Erzählt uns doch nichts von Gefahr für die Demokratie, wenn Ihr selbst Eure Gesetze nicht befolgt! 310.000 rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber werden „geduldet“ – von wem eigentlich? Von uns, die wir fassungslos vor diesem Totalversagen des Rechtsstaates stehen, jedenfalls nicht. Ich soll gerade übrigens 35 Euro Strafe zahlen, weil ich auf dem Parkplatz meine Parkscheibe nicht gut sichtbar rausgelegt habe. Wenn ich nicht zahle, bekomme ich mächtig Ärger, wetten? Geschieht mir recht, ich bin ja auch Rechtspopulist.

Ich nehme für mich in Anspruch, als Journalist die AfD seit 2013 immer fair behandelt zu haben. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, dann tue ich das. Und wenn die AfD Richtiges sagt und tut, schreibe ich, dass es richtig ist. Ohne das Versagen der Merkel-CDU gäbe es die AfD als starke parlamentarische Kraft in Deutschland überhaupt nicht. Und bis heute begreifen sie im Konrad-Adenauer-Haus nicht, was sie falsch machen und was anders laufen müsste.

In einem Telefonat vor zwei Wochen mit einem bundesweit bekannten CDU-Politiker sagte er mir irgendwann in dem Gespräch: „Wir müssen die Zukunftsthemen aus der Mitte der Gesellschaft…“ Ich unterbrach ihn und antwortete: „Bitte hör‘ doch auf mit der Sch…, ich kann das nicht mehr hören!“ Der erste Schritt muss ein glaubhafter und totaler Bruch mit der Politik der Merkel-Ära sein. Und dann wieder Politik machen, die sich am Willen der Bürger orientiert. Und dann streiten, gern und rauflustig auch mit der AfD. Das ist dann Demokratie, Herr Baum. Ausgrenzen, diffamieren oder gar verbieten – das ist sicher kein Mittel.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.