von KLAUS KELLE
Liebe Leserinnen und Leser,
wenn die Frühredaktion morgens um sechs Uhr die Computer hochfährt, und es findet sich kein aktueller Terroranschlag, dann muss wohl Weihnachten sein. Nein, Quatsch, denn auf nichts nehmen islamistische Gewalttäter sicher weniger Rücksicht , als auf das weltweite Fest der Geburt Christi. Das Sicherheitskonzept um den und im Kölner Dom sei noch einmal überarbeitet worden, hörten wir gestern. Gottesdienste sollen heute Abend besser geschützt werden, Streifenwagen fahren mal vorbei, wenn die Familien mit ihren Kindern zwei Mal pro Jahr in akzeptabler Anzahl in die Christmetten strömen. Zur Erinnerung: Wir befinden und im Jahr 2016 und in Deutschland.
Was hat sich dieses Land bloß verändert in nur gut einem Jahr…
Und dennoch haben diejenigen recht, die sagen: Lassen wir unser Leben nicht von unseren Feinden verändern! Wo führt das sonst hin? Unsere Nachbarschaft hat sich jetzt auch organisiert. Kumulierend bringen wir unsere Kinder mit dem Auto morgen zur Grundschule und holen sie mittag wieder ab. Da, wo sie früher mit dem Fahrrad unterwegs waren. Aber wer lässt Sieben- und Achtjährige in diesen Zeiten bei Dunkelheit mit dem Fahrrad allein fahren? Unsere älteste Tochter, 17 Jahre jung, machte vor ein paar Tagen auch eine andere Erfahrung. Als sie aus dem Sport-Studio kam, stand plötzlich ein – offenbar – Flüchtling vor ihr, ein „junger Mann“, sozusagen. Er sprach sie in schlecht verständlichem Deutsch an. Unser Mädchen blaffte mit grimmigem Blick zurück: „Was?“ Und der arme, verschüchterte Kerl wich sofort zwei, drei Schritte zurück, wohl in der Erwartung, gleich eine Faust im Gesicht zu haben. Wie sich herausstellte, wollte er eine Zigarette schnorren, was nicht verboten ist und auch nicht von Erfolg gekrönt war, denn unsere Kinder rauchen nicht. Zumindest so weit wir wissen…
Die Begegnung beschäftigte das Mädchen noch am nächsten Tag. Sie sagte: „Papa, der hatte fast Angst vor mir.“ Die Flüchtlinge, die hier in ihren kargen Unterkünften hocken, bekämen ja auch mit, wie die Stimmung unter vielen Deutschen sei angesichts der täglichen Kleinkriminalität durch Flüchtlinge und angesichts der Terroranschläge, wie wir einen auch hierzulande Anfang der Woche erlebt haben.
Und das möchte ich Ihnen heute wieder in Erinnerung rufen: Viele der Leute, die aus Afghanistan, dem Irak, Syrien und den Magreb-Staaten zu uns nach Deutschland und Europa gekommen sind, wollen ein besseres Leben, haben Schutz gesucht und Hilfe. Und diese Menschen sollten wir nicht aus den Augen verlieren, weil unter ihnen auch welche sind, die wir hier nicht haben wollen. Gerade am Fest der Geburt des Jesus Christus, sollten wir nicht holzschnittartig über Flüchtlinge urteilen, sondern differenzieren und genauer hinschauen.
Ich wünsche Ihnen allen gesegnete Weihnachten!