Märchen und Kinderlieder sind brutal… genau wie unsere Welt

Eine Hexe lauert an jeder Ecke, oder?

von MICHAEL STING

BERLIN – „Drei Chinesen mit dem Kontrabass…“ Na, haben Sie jetzt auch einen Ohrwurm und singen gedanklich weiter. Dann machen Sie das, solange es noch geht. Denn dieses schöne Kinderlied ist inzwischen wegen Rassismus aus den Kitas und Grundschulen verbannt.

Wo wir schon mal dabei sind

„Fuchs du hast die Gans gestohlen“. Ausnahmsweise mal nicht wegen Rassismus. Eine Veganerin aus Limburg empfand dieses Lied als zu brutal. Daher wird es seitdem nicht mehr im Limburger-Glockenturm gespielt. „Die Affen rasen durch den Wald“. Verbotshintergrund können Sie sich vermutlich denken. „Hab‘ ’ne Tante aus Marokko“. Na gut, das kann man verstehen. Die Tante aus Marokko kommt ja auf zwei Kamelen und schießt. Abgesehen von dem Geschlecht, dürfte das ja nicht so fern der Realität sein. Und mein Liebling. „Hoppe Hoppe Reiter, wenn er fällt dann schreit er. Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben. Fällt er in den Sumpf, dann macht der Reiter plums“.

Sind Sie auch noch so traumatisiert von diesem Lied?

Das kann man den Kindern ja aufgrund der Brutalität nicht zumuten. Daher heißt es jetzt: „Fällt er in den Graben, helfen ihm die Raben“. Da guckt man doch, wie authentisch das ist.

Und es betrifft nicht nur die Lieder. Kürzlich habe ich einen Artikel gelesen, wie nachhaltig (da ist das moderne Wort wieder) diese Märchen doch die Kinder geprägt haben. Zitat: „Von wegen Kindergeschichten! Diese Märchen haben auch uns in der Kindheit nachhaltig geprägt – und zwar nicht nur positiv. Deshalb würden wir sie unseren Kleinen auch nicht (mehr) vorlesen oder als Film zeigen, zumindest nicht ungefiltert!“

Man kann auch etwas viel reininterpretieren. Zum Beispiel hier mit folgendem Zitat zu Dornrösschen: “Das Märchen klingt erstmal etwas harmloser als seine Konkurrenz. Aber für Kinder kann es ganz schön beängstigend wirken in einen hundertjährigen Schlaf zu fallen. Und das, nur weil eine spitze Nadel den Finger von Dornröschen piekst. Ja ne, ist klar.

Zugegeben es gibt Brutalität in Märchen

Nehmen wir beispielsweise Hänsel und Gretel. Die von der Hexe verspeist werden sollten, die dann aber (vermutlich schön knusprig gebraten) im Ofen landet.

Oder mein absolutes Lieblingsmärchen: Der Wolf und die 7 Geißlein

Fangen wir erstmal wieder mit einem grandiosen Zitat an: „Auch hier tritt wieder der Wolf als das Synonym für Böse auf. Er will die kleinen Ziegenkinder mit einem miesen Trick überlisten und fressen: „Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht!“ (Alleine zuhause bleiben wollen eure Kids jetzt wohl erstmal nicht …)“

Also so einen Blödsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Da wünscht man sich schon fast einen Artikel zum Thema Gendern.

Ja da gibt es Brutalität in Märchen. Und das ist auch gut so. Denn die Welt ist brutal. Und so bereitet man die Kinder auf Gefahren vor. Denn möchte man die Brutalität verbannen, muss man erstmal die menschliche Natur ändern. Und je eher man Kinder darauf vorbereitet, desto eher lernen Sie damit umzugehen und Gefahren richtig einzuschätzen.

Das man zum Beispiel nicht mit Fremden mitgeht. Keinem Fremden die Tür öffnet. Nichts annimmt. Wenn man diese Gefahren kennt, dann bin ich der felsenfesten Überzeugung, dass ein Großteil der Gewaltverbrechen überhaupt nicht passiert. Doch woher sollen die Kinder das kennen, wenn die Generation Helikoptereltern meint, ihre Kinder noch vor jeder Kleinigkeit schützen zu müssen? Das fängt ja schon mit einer Klage an, wenn das Kind von der Schaukel fällt, weil es sich nicht festgehalten hat. Schuld ist natürlich die Kita-Leitung. Wer auch sonst? Das man das Wort „Eigenverantwortung“ in dem Mund nimmt. Wohl kaum.

Wann ist dieses Land eigentlich zu einer Weichei-Nation verkommen? Ich schaue mal, ob sich vielleicht bei den Gebrüdern Grimm eine Antwort findet. Wenn man die noch lesen darf.

Ihr
Michael Sting

PS: Folgen Sie mir gerne auf Instagramm: Michaelsting1990

Bildquelle:

  • Hänsel_Gretel: pixabay

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.