von THILO SCHNEIDER
MÜNCHEN – In München-Laim hat sich nach übereinstimmenden Berichten Folgendes zugetragen: Die Besucher eines Gottesdienstes der evangelischen Paul-Gerhardt-Kirche beteten gerade, als sie durch einen lauten Knall aufgeschreckt wurden. Leider war es aber nicht der Heilige Geist, der auf die Gläubigen herniederfuhr, sondern ein schnöder Stein, der durch ein Kirchenfenster geworfen wurde, wie die Polizei später feststellte. Als die Gläubigen das Gotteshaus verließen, wurden sie – und hier werden die Berichte etwas schwammig und undeutlich – „von Jugendlichen grundlos beleidigt“.
Also quasi beleidigt, ohne dass es einen Grund dafür gab. Zumindest keinen, der einem Christenmenschen verständlich wäre. T-Online spricht von „abfälligen Bemerkungen über die Religion“.
Folgt man nun der Berichterstattung, so waren es schlicht „Jugendliche“, die irgendwelche „Beleidigungen“ und „abfällige Bemerkungen über Religion“ gemacht haben. Wer sich dieser Berichterstattung hingibt, der sieht Torben, Malte und Lisa, wie sie „Christen raus“ oder „Jesus war ein Lauch“ brüllen, nachdem sie ein Kirchenfenster (Sakristei?) eingeworfen haben.
Nun ist die Paul-Gerhardt-Kirche keine der in Bayern hübschen Renaissance- oder Barockkirchen, sondern ein schnöder, für meine Begriffe sogar hässlicher Kirchenbau irgendwann aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, aber darum geht es Jesus ja auch nicht, dem genügt es, wenn „Zwei oder Drei“ in seinem Namen beisammen sind. Der Schaden wurde also deshalb nicht sofort bemerkt, weil es kein turmhohes Mosaikkirchenfenster aus dem Frühmittelalter erwischt hat. So eines hat die Paul-Gerhardt-Kirche nämlich nicht. Hier sind eher als Fenster verkleidete Schießscharten Trumpf.
Gedankenwechsel: Setzen wir statt „Kirche“ einmal das Wort „Moschee“ ein
Was schätzen Sie, wäre in Presse und Politik losgewesen? Richtig: Die Hölle. Auf Erden und in den Medien. Vielleicht hätte es sogar zu einem ARD-„Brennpunkt“ mit einer tränenüberströmten Claudia Roth gereicht.
Nachdem es nun aber lediglich eine – sorry – wirklich hässliche evangelische Kirche war, die von irgendwelchen obskuren „Jugendlichen“ quasi als „Dumme-Jungen-Streich“ angegriffen wurde, ist die Reaktion mehr so „Pfft“. Passiert, passiert. Wer von uns hätte noch nicht im jugendlichen Überschwang eine Kirche geschändet oder wenigstens ins Weihwasser gepinkelt?
Merkwürdig wird es, wenn der überraschte Leser nicht nur diagonal, sondern konkret liest: Der Staatsschutz hat die Ermittlungen an sich gezogen. Das nun wiederum ist ein Tatbestand, der bei einem „Dumme-Jungen-und-Mädchen-und-Diversen-Streich“ eher unüblich ist. Diese Art Streich ist eigentlich nichts, was den Verfassungsschutz interessieren würde. Es sei denn, hier war die „Wehrsportgruppe Eduard Dietl“ (nicht zu verwechseln mit dem Regisseur Helmut Dietl, der hat mit Narvik nichts zu tun!) am Werk.
Etwas mehr Licht ins Dunkel bringt die „Münchener Abenzeitung“, AZ: Da rufen die Jugendlichen den Evangelischen nämlich ein fröhliches „Allahu Akhbar“ entgegen, da sie augenscheinlich jetzt evangelische Christen nicht so wirklich gut finden. Und Juden auch nicht, weil sie im Überschwang auch noch antisemitische Parolen grölten, aber vielleicht waren sie sich auch nur nicht sicher, ob sie nun vor einer Synagoge oder einer Kirche stehen. Nur, dass es keine Moschee ist, das wussten sie offensichtlich.
Danach machten sich „die Jugendlichen“ aus dem Staub und waren, außer von Allah, nicht mehr gesehen. Und der sagt der Polizei nichts, der Allah. So also blieb den Gemeindemitglieder eine außerordentliche Gemeindefeier, die Andacht war eben dahin. Und das, obwohl sich gerade die evangelische Kirche so um Muslime und Vulven auf jedem Kirchentag kümmert.
Dies ist nicht der erste Vorfall dieser Art. So hatte beispielsweise ein mit den Christen etwas unzufriedener afghanischer Neubürger 2021 in Nordhausen ein ebenfalls evangelisches Kirchenkreuz und diverse andere Einrichtungsgegenstände „aus religiösen Gründen“ zerstört, war, darauf angesprochen, „nicht aggressiv“, habe aber „auf seiner Weltsicht beharrt“. Es wird auch nicht der letzte Vorfall sein, aber so lange es laut Presse nur irgendwelche undefinierten Jugendlichen sind, die derartige Taten begehen, ist es, wie oben beschrieben, mehr so „Pfft“. So „Einzelfall“.
Als übrigens Anfang Oktober 2022 das Fenster einer Synagoge in Hannover zerstört wurde, gab es, so der „Spiegel“, „bundesweites Entsetzen“, die Polizei bildete eine Sonderkommission und zahlreiche Politiker, darunter Lars Klingbeil (SPD) pilgerten sofort zu der Synagoge, um dämliche Solidaritätsadressen abzusondern und sich „ein Bild der Lage zu machen“, sprich, ein kaputtes Fenster zu betrachten. Der Attentäter, für den extra ein „tiermolekulargenetisches Gutachten“ erstellt wurde, entpuppte sich schließlich als eine schnöde Taube. Auf jeden Fall nicht nur eine Taube, sondern auch eine Blinde.
Gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen. Erst recht keine Heuchelei.
(Weitere beseelte Artikel des Autors unter www.politticker.de)
Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.
Bildquelle:
- Paul-Gerhard-Kirche_München-Laim: paul gerhard kirchengemeinde