Herr Pistorius trägt olivgrün – über den neuen Mann im Verteidigungsministerium

Liebve Leserinnen und Leser,

ist Ihnen das auch aufgefallen? Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius hat einen neuen Kleiderschrank. Einen olivgrünen. Der SPD-Politiker, den wir jeden Tag in der Zeitung und im Fernsehen sehen, trägt nur noch Tarnanzüge bei seinen öffentlichen Auftritten mit Medienbegleitung. Die Botschaft ist klar: endlich wieder ein Kerl an der Spitze unserer Streitkräfte, einer, der gedient hat. Sie erinnern sich, das ist genau das, was ich mir vor wenigen Monaten an dieer Stelle gewünscht habe.

Einer vom Fach, der Ahnung hat, der ein Schnellfeuergewehr mit verbundenen Augen in 90 Sekunden auseinanderehmen und wieder zusammensetzen kann. Keine Pumps, keine Schminktische in der Kaserne, keine Kampfanzüge für Schwangere – stattdessen Kampfpanzer ranschaffen und aufmöbeln.

Ja, ich finde, die ersten Tage hat Pistorius seinen Job gut gemacht. Er redet mit Soldaten, er fordert im Kabinett und im Parlament, was unsere Armee dringend braucht, er klappert Rüstungsfirmen ab, er macht Druck, um der Ukraine schnell helfen zu können. So weit alles auf einem guten Weg.

Gestern war der Bundesminister der Verteidigung in meiner lippischen Heinat

Er besuchte die Truppe in Augustdorf, wo ich 1980/1981 meinen damals 18-monatigen Wehrdienst geleistet habe. Und er sprach dankenswerter Weise einen Punkt an, der in der viel zu langen Amtszeit der Bundeskanzlerin Merkel auch versemmelt wurde – die Aussetzung der Wehrpflicht. Nicht nur bei Material, Munition und Ausbildung, sondern auch durch diese politische Entscheidung wurde die Sicherheit unseres eigenen Landes fahrlässig aufs Spiel gesetzt.

Ja, die Zeiten begannen waren damals anders. Nicht Masse wurde gesucht, sondern Spezialisten. Profi-Soldaten, die auch international in ungemütlichen Krisen im Rahmen unserer Bündnisverpflichtungen weltweit eingesetzt werden konnten. Landesverteidigung? Braucht keiner mehr! Nur noch Freunde um uns herum. Pustekuchen, wie wir alle gerade in der Ukraine erleben.

«Die Aussetzung der Wehrpflicht war ein Fehler, aber keiner, den man jetzt mal eben so im Handumdrehen zurückholt»
, sagte Pistorius gestern in Augustdorf. Wohl wahr. Jetzt heißt es, unsere Streitkräfte aufmöbeln, modernisieren, einsatzfähig zu machen. Kein Mensch wird jetzt das Fass um die Debatte über die Wiedereinführung einer Wehrpflicht aufmachen. Aber, liebe Freunde, das Thema steht wie der Rosa Elefant im Raum. Und es wird in nicht allzu ferner Zeit wieder auf den Tisch kommen. Ich finde übrigens, es ist gut, wenn der Staat jungen Menschen einen Dienst für die Gemeinschaft abverlangt – ob im Krankenhaus, im Pflegeheim oder bei den bewaffneten Streitkräften.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.