6. September 1936: Der Tag an dem Kardinal Graf von Galen zum „Löwen von Münster“ wurde

Kardinal Graf von Galen: Sie nennen ihn den Löwen von Münster

von DIETRICH KANTEL

MÜNSTER – Heute vor 85 Jahren, am 6. September 1936, bezog Clemens August Kardinal Graf von Galen, im Jahr 1933 zum katholischen Bischof von Münster geweiht, erstmals öffentlich Stellung gegen die menschenverachtende Politik der „Vernichtung unwerten Lebens“ und damit eindeutig gegen das Hitler-Regime. In seiner Predigt im Xantener Dom St. Viktor, die er anlässlich der alle 25 Jahre stattfindenden Prozession zur Viktorstracht hielt.

Ausgehend vom Märtyrertum des Heiligen Viktor von Xanten und der Bibelstelle aus dem Römerbrief, die jede staatliche Obrigkeit als von Gott eingesetzt erklärt, führte er aus, dass jede Obrigkeit nur als Gottes Dienerin Würde und Recht besitze. Nur im Einklang mit Gottes Willen besitze menschliche Obrigkeit Befehlsgewalt. Ohne in diesem Geist geübte Gerechtigkeit würde die Gesellschaft auf die Stufe einer Räuberbande gezwungen. Deswegen, so der Bischof in seiner Predigt weiter, gelte: „Man muss Gott mehr gehorchen, als den Menschen“. Eine solche öffentlich proklamierte Positionierung, auch wenn von Galen damit letztlich nur ein Bibelzitat aus der Apostelgeschichte bemühte, mussten die Nazis, in deren Denken es nur Freund oder Feind gab, als Kriegserklärung auffassen.

…verliert die Obrigkeit das Recht zu gebieten

Der Höhepunkt der Viktorspredigt vom 6. September 1936 gipfelte in den Worten des Bischofs:

„Wieviel Dank ist die Menschheit schuldig diesen Blutzeugen nicht nur des Christenglaubens (gemeint sind die Märtyrer Viktor von Xanten und Cassius und Florentius von Bonn, vom Bischof zuvor angesprochen; Anm. d. Verf.), sondern auch der Menschenwürde, die sich mit ihrem Blut und Leben verteidigt haben. Denn in dem Augenblick, in welchem die menschliche Obrigkeit in ihren Befehlen klar erkannten, im eigenen Gewissen bezeugten Willen Gottes widerstreitet, hört sie auf Gottes Dienerin zu sein, zerstört sie die eigene Würde, verliert sie das Recht zu gebieten, missbraucht sie ihre Macht zu belohnen und zu bestrafen, und versucht freventlich, die von Gott gegebene Freiheit der menschlichen Persönlichkeit, das Ebenbild Gottes im Menschen zu erwürgen!“

Der Löwe von Münster: Nicht Menschenlob, nicht Menschenfurcht.

Insbesondere markierten auch drei Predigten gegen die Euthanasie-Politik und seine Stellungnahmen gegen die kirchliche Umsetzung rassenpolitischer Maßnahmen der Nazis seine innerlich gefestigte Standhaftigkeit gegen Hitlers Gewaltherrschaft. Getreu seinem Bischofswahlspruch der da lautete: „Nicht Menschenlob, nicht Menschenfurcht soll uns bewegen.“

„Wenn einmal zugegeben wird, dass Menschen das Recht haben, unproduktive Mitmenschen zu töten, …dann ist Mord an uns allen, wenn wir alt und altersschwach und damit unproduktiv werden, freigegeben“, predigte von Galen im August 1941. Den Beinamen„ Der Löwe von Münster“ verliehen die Menschen dem Bischof ob seiner öffentlichen Unerschrockenheit.

So war es klar, dass das NS-Regime den Bischof auf das Schärfste beobachtete. Gerne hätte man ihn zur Seite geschafft. Martin Bormann, seit 1941 zweitmächtigster Mann in der NSDAP mit Ministerrang, verfügte in seinem Geheimerlass vom 7. Juni des Jahres „Nationalsozialismus und Christentum“, dass Nationalsozialismus und Christentum unvereinbar seien und der Einfluss der Kirchen in Deutschland ausgeschaltet werden müsse. Außerdem machte er dem „Führer“ schriftlich den Vorschlag, „dass nämlich der Bischof von Münster erhängt wird“.

Dieser Plan wurde letztlich wohl nur deshalb bis Kriegsende nicht in die Tat umgesetzt, weil die Parteiführung die große Beliebtheit des Bischofs fürchtete. Überall in Deutschland und sogar darüber hinaus wurden von Galens Predigten kopiert und verteilt.

Am 18.Februar 1946 erhob Papst Pius XII. von Galen zum Kardinal; mit ihm auch den Kölner Bischof Frings und den Berliner Bischof Graf von Preysing. Und auch das war von Galen, der sich schon früh 1945 gegen eine Kollektivschuld aller Deutschen gewendet hatte, dessen Verbindungen zum NS-Widerstand inzwischen belegt sind, wie auch die von Graf von Preysing; anlässlich der Kardinalswürde in Rom erklärte von Galen:

„Der Heilige Vater hat damit anerkannt, dass nicht alle Deutschen vollzählig der Verdammung unterliegen, die die Welt gegen sie aussprechen wollte. Vor aller Welt hat er als übernationaler und unparteiischer Beobachter das deutsche Volk als gleichberechtigt in der Gemeinschaft der Nationen anerkannt.“

Schon kurz danach, nach Münster zurückgekehrt, verstarb am 22. März 1946 Clemens August Kardinal Graf von Galen , „Der Löwe von Münster“.

Bildquelle:

  • Kardinal_von_Galen: kirche und leben

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