500 Euro Strafe für katholische Ordensschwester, die Nigerianerin versteckte

Die angeklagte Ordensschwester sitzt vor Prozessbeginn im Amtsgericht Würzburg. Foto: Nicolas Armer/dpa

WÜRZBURG – Sie wollte zwei geflüchtete Frauen vor Zwangsprostitution und Menschenhandel bewahren – dann kam der Strafbefehl. Weil Ordensschwester Juliana Seelmann aus dem Kloster Oberzell dagegen Einspruch einlegte, musste sie vor Gericht.

Zum Prozess am Mittwoch versammelten sich weit mehr Zuhörer vor dem Sitzungssaal des Würzburger Amtsgerichts, als es die Corona-Maßnahmen zuließen. Darunter waren mehrere Schwestern des Klosters im unterfränkischen Zell am Main, das den beiden Nigerianerinnen in den Jahren 2019 und 2020 Kirchenasyl gewährte.

Die Frauen waren in Italien der Zwangsprostitution und körperlichen Gewalt ausgesetzt, wie die 38 Jahre alte Ordensschwester erzählte. «Es ist unsere Aufgabe, Menschen wieder ein Leben in Würde und nicht als «Sexspielzeug» zu geben», sagte Schwester Juliana, die die Menschenrechtsbeauftragte des Klosters ist. Sie habe nach bestem «Gewissen und Glauben» gehandelt.

Der Richter des Amtsgerichts Würzburg sah es jedoch als erwiesen an, dass die Ordensfrau einer Nigerianerin Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt gewährt hat. Es sei offener Rechtsbruch gewesen, der nicht entschuldigt werden könne, sagte Strafrichter René Uehlin am Mittwoch und verhängte eine Verwarnung mit Strafvorbehalt. Als Auflage muss Schwester Juliana 500 Euro zahlen.

Das Urteil bezieht sich aber nur auf einen der beiden vorgeworfenen Fälle (Az.: 7 Cs 892 Js 4950/20). Der andere Fall wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft wegen offener Fragen vorläufig eingestellt.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte die Zulassung der Asylverfahren für beide Frauen abgelehnt. Gemäß dem Dublin-Verfahren sollten sie zurück nach Italien, da sie dort die Europäische Union zum ersten Mal betreten und sich registriert hatten.

In Italien seien aber Menschenhändler gewesen, sagte Schwester Juliana. «Wir gewähren Kirchenasyl nur dann, wenn es in Härtefällen nötig ist.» Man habe die Fälle genau abgewogen.

Die Ankunft der Frauen habe das Kloster vorschriftsgemäß den Behörden gemeldet. In solchen Fällen prüft das Bamf erneut, ob ein Härtefall vorliegt. Ist das nicht der Fall, müssen die Flüchtlinge das Kirchenasyl innerhalb von drei Tagen verlassen. Die Ausländerbehörden haben für eine Überstellung des Betroffenen in das zuständige EU-Land in der Regel sechs Monate Zeit. Nach Ablauf der Frist haben die Migranten ein Recht auf ein Asylverfahren in Deutschland.

Schwester Juliana ist nicht die einzige Ordensangehörige, die sich wegen Kirchenasyls vor Gericht verantworten muss: Im vergangenen Jahr wurden allein in Bayern nach Angaben des Landesjustizministeriums 27 Verfahren wegen der Gewährung von Kirchenasyl eingeleitet.

Als am Mittwoch das Urteil verlesen wurde, saß auch ein Mönch aus dem unterfränkischen Benediktinerkloster Münsterschwarzach im Saal. Er koordiniert die Flüchtlingsarbeit der Abtei in Schwarzach am Main (Landkreis Kitzingen) und musste sich im April einem ähnlichen Strafverfahren unterziehen. Die Richterin urteilte: Freispruch (Az: 1 Cs 882 Js 16548/20). Die Staatsanwaltschaft legte allerdings Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein.

Auch das Urteil gegen Schwester Juliana ist noch nicht rechtskräftig.

Bildquelle:

  • Ordensschwester vor Gericht: dpa

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