DORTMUND – Im Fall des von der Polizei in Dortmund erschossenen 16-Jährigen hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Schützen erhoben – wegen des Vorwurfs des Totschlags. Drei weitere an dem Einsatz beteiligte Beamte wurden wegen gefährlicher Körperverletzung, der Dienstgruppenleiter wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung angeklagt. Der Bochumer Rechtsanwalt Michael Emde, der einen der fünf beschuldigten Polizisten vertritt, bestätigte am Dienstag den Eingang der Anklage.
Die Polizei war am 8. August 2022 zu einer Jugendhilfeeinrichtung gerufen worden, wo der jugendliche Flüchtling aus dem Senegal zunächst gedroht haben soll, sich mit einem Messer zu töten. Der Einsatz lief zunächst als Einschreiten bei einem Suizidversuch. Der 16-Jährige wurde von der Polizei erst mit Pfefferspray und zwei Tasern beschossen. Schließlich schoss ein Polizist mit einer Maschinenpistole, der Jugendliche starb im Krankenhaus.
Pfefferspray, Taser und Schüsse
Der leitende Oberstaatsanwalt Carsten Dombert hatte bereits im September berichtet, die Ermittler hätten schnell den Eindruck bekommen, dass bei dem Einsatz «möglicherweise etwas aus dem Ruder gelaufen sein könnte». Man habe die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt gesehen. Es sei zunächst nicht das mildeste Mittel gewählt worden, um den jungen Mann vom Suizid abzuhalten oder in Besitz des Messers zu kommen. Am Dienstag äußerte sich die Staatsanwaltschaft Dortmund nicht zu der Anklageerhebung.
Bei den drei wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagten Beamten geht es um den Einsatz von Pfefferspray beziehungsweise Taser. Der Dienstgruppenleiter, dem Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung vorgeworfen wird, soll laut früheren Informationen der Staatsanwaltschaft bei dem Einsatz die Wahl der Mittel und deren Reihenfolge festgelegt und das Kommando zum Besprühen gegeben haben. Gegen die fünf Beamten waren bereits im September Disziplinarverfahren eingeleitet worden.
Der Jugendliche aus dem Senegal war wenige Monate vor seinem Tod als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen, in Dortmund war er erst wenige Tage vor dem Polizeieinsatz. Er soll nicht gut Deutsch gesprochen haben.
Mehrere Punkte des Einsatzes hatten für Kritik gesorgt. Dabei ging es etwa um die Tatsache, dass die Bodycams der Polizisten nicht eingeschaltet waren. Für Bestürzung sorgte auch die Frage, wie ein Einschreiten bei einem Suizidversuch so eskalieren konnte sowie der martialisch anmutende Einsatz der Maschinenpistole vom Typ MP5. Vier Projektile trafen den 16-Jährigen.
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- Trauerort: dpa