1500 Festnahmen: Konsequenzen nach Krawallen in Brasilien

Bolsonaro-Anhänger stehen auf dem Dach des Kongressgebäudes in Brasília. Foto: Eraldo Peres/AP/dpa

BRASILIA – Nach dem Sturm radikaler Anhänger des brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro auf das Regierungsviertel in Brasília sind rund 1500 seiner Unterstützer vorläufig festgenommen worden.

Sicherheitskräfte räumten ein Camp der Bolsonaro-Anhänger vor dem Hauptquartier der Streitkräfte in der Hauptstadt und setzten die Aktivisten vorübergehend fest, wie das Nachrichtenportal «G1» berichtete. Die Menschen seien in rund 40 Bussen weggebracht worden. Der Sturm auf das Regierungsviertel sorgte über die Landesgrenzen hinaus für Entsetzen.

Gouverneur nach Krawallen suspendiert

Der Gouverneur des Bundesbezirks rund um die Hauptstadt wurde vorübergehend seines Amtes enthoben. Der Oberste Gerichtshof ordnete an, Ibaneis Rocha zunächst für 90 Tage zu suspendieren. Die Anordnung diente dem Portal «G1» zufolge auch als Warnung an Gouverneure anderer Bundesstaaten, gegenüber radikalen Bolsonaro-Anhängern nicht untätig zu bleiben. Zuvor war bereits der unter Bolsonaro als Justizminister tätige Sicherheitschef von Brasília, Anderson Torres, entlassen worden. Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva, der seit rund einer Woche im Amt ist, stellte die öffentliche Sicherheit in der Hauptstadt per Dekret unter Bundesaufsicht.

Bolsonaro war bereits zwei Tage vor dem Ende seiner Amtszeit an Neujahr mit seiner Familie in die USA geflogen. Seine Anhänger hatten seit der Stichwahl um das Präsidentenamt Ende Oktober, aus der Lula knapp als Sieger gegen Bolsonaro hervorgegangen war, vor dem Militärhauptquartier in Brasília campiert. Als am Samstag und Sonntag rund 4000 weitere Unterstützer des Ex-Präsidenten in Bussen in der Hauptstadt eintrafen und zum Regierungsviertel zogen, wurden sie von Polizisten eskortiert. Einige der Beamten machten sogar Selfies mit den Demonstranten und drehten Handy-Videos, wie im Fernsehen zu sehen war.

Bereits im Dezember hatten gewaltbereite Sympathisanten Bolsonaros versucht, in das Gebäude der Bundespolizei in Brasília einzudringen, und Autos und Busse angezündet. Wie die Randalierer vom Sonntag wollten auch sie den Wahlsieg Lulas nicht anerkennen und forderten immer wieder ein Eingreifen des Militärs.

Meta löscht Kommentare zur Unterstützung der Krawalle

Das US-Technologieunternehmen Meta – zu dem unter anderem die Online-Netzwerke Facebook und Instagram gehören – kündigte an, Kommentare zur Unterstützung des Angriffs vom Sonntag in den sozialen Netzwerken löschen zu wollen. «Wir werten das als gewalttätiges Ereignis und werden Inhalte löschen, die diese Aktion unterstützen oder loben», sagte ein Meta-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagten dem neuen Präsidenten Lula deutsche Solidarität zu. «Als Demokratien halten wir fest zusammen», betonte Baerbock in Berlin. Scholz sprach von einem «Angriff auf die Demokratie, der nicht zu tolerieren ist». Auch die Regierungen der USA, Kanadas und Mexikos verurteilten die Ereignisse in Brasilien scharf.

Biden spricht mit Lula

US-Präsident Joe Biden sagte seinem brasilianischen Amtskollegen Lula Beistand zu. Das Weiße Haus veröffentliche am Montag (Ortszeit) eine gemeinsame Erklärung der beiden Präsidenten, nachdem sie miteinander telefoniert hatten. Darin hieß es, Biden habe die Gewalt und den Angriff auf die demokratischen Institutionen in Brasilien verurteilt und «die unerschütterliche Unterstützung der Vereinigten Staaten für die brasilianische Demokratie» zugesagt.

Die beiden hätten außerdem ein gemeinsames Treffen in Washington Anfang Februar vereinbart. Biden ist derzeit in Mexiko und telefonierte am Rande seines Besuches dort mit Lula. Ein Gesuch zur Auslieferung Bolsonaros nach Brasilien sei bislang allerdings nicht bei den US-Behörden eingegangen, sagte der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan. «Sollte ein solcher Antrag gestellt werden, nehmen wir ihn ernst.»

Bolsonaro offenbar in Krankenhaus in Florida gebracht

Der Ex-Präsident hat sich einem Medienbericht zufolge in ein Krankenhaus der US-Stadt Orlando bringen lassen. Er leide eigenen Angaben zufolge unter starken Bauchschmerzen, berichtete die brasilianische Zeitung «O Globo». Es ist nicht das erste Mal, dass der rechte Politiker – auch in politisch kritischen Situationen – in die Klinik kommt. Zwei Tage vor dem Ende seiner Amtszeit an Neujahr war er mit seiner Familie in die USA geflogen, wo er sich seither im Bundesstaat Florida aufhielt.

Bei einer Wahlkampf-Veranstaltung im September 2018 hatte ein geistig verwirrter Mann auf Bolsonaro eingestochen und ihm schwere Bauchverletzungen zugefügt. Der Ex-Militär führte den Wahlkampf dann aus dem Krankenhaus fort. Im Monat darauf wurde er zum Präsidenten gewählt. Bolsonaro kam seitdem immer wieder ins Krankenhaus, auch nach seinem Amtsantritt Anfang 2019, und musste sich mehreren Operationen unterziehen.

Bildquelle:

  • Kongress: dpa

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