Zeitenwende bei der Union: DC oder ÖVP – Ihr habt die Wahl

von KLAUS KELLE

BERLIN – Annegret Kramp-Karrenbauer /Foto) dürfte nach quälenden Monaten heute endlich wieder einen unbeschwerten Abend verbracht haben. Ohne Querschüsse aus den eigenenReihen, ohne allgegenwärtige Tickermeldungen. Vielleicht war sie mit Freunden etwas essen, hat mal wieder herzhaft gelacht über eigene Ideen für die nächste Büttenrede im Karneval und hat den den Tag 1 ihres neuen Lebens einfach genossen.

Ja, die Saarländerin, die jeder AKK nennt, bleibt Politikerin, sogar eine wichtige als Bundesministerin der Verteidigung. Da gibt es viel zu tun, und vielleicht entwickelt sie sogar Spaß an ihrer Aufgabe, die sie strategisch auf dem Weg zum Kanzleramt übernommen hatte. Mutter der Kompanie, das kann ein schöner Job sein, auch ohne hochbezahlte Berater.

Die CDU-Chefin benannte heute die „ungeklärte Führungsfrage in der CDU“ als entscheidenden Grund für ihren Rückzug von der Parteispitze und ihren Ambitionen aufs Kanzleramt. Sie werde die CDU „inhaltlich, personell und organisatorisch fit für den Wahlkampf“ machen und in einem geregelten Verfahren einen Kanzlerkandidaten küren lassen.

Die vier Personen, die zur Auswahl stehen, sind…Männer. Ja, Männer! Darf die CDU das nach all den durchgemerkelten Jahren im „Girl’s Camp“, mit Uschi, AKK aber auch Anette Schavan, Eva Christiansen und Beate Baumann? Klar darf sie das, sie muss es sogar. Nur eine spürbare Zäsur kann die große Volkspartei der Mitte, die Deutschland jahrzehntelang geprägt hat wie keine andere, noch retten. Democratia Christiana (DC) oder ÖVP – das ist die Alternative, über die irgendwann die berühmten 1.001 Delegierten des Bundesparteitages entscheiden müssen. Und zehn Minuten Beifall klatschen wird da nicht reichen. Wie man in Norddeutschland sagt: Jetzt Butter bei die Fische!

Die Merkel-Jahre werden sich in der Rückschau als die dunkelsten Jahre in der Geschichte der Partei Adenauers und Kohls erweisen. Eine Union, völlig entkernt, linksgedreht. Wähler- und Mitgliederverlust in alle Richtungen durch absolute Konturlosigkeit. Erst sind die Rechten zur AfD abgewandert – 2017 bei der Bundestagswahl eine Million direkt von der Union zur AfD. Nun laufen die letzten jungen, innovativen, manchmal auch naiven Mitglieder und Wähler zu den Grünen ab. Eine Partei, geführt von einer Frau Merkel, die nie passte zur alten rheinisch-katholischen Herz-Jesu-Marxisten-Partei. Die sich angewidert abwendet, wenn Funkenmariechen zum Karneval vor ihr tanzen. Und die nach dem Wahltriumph 2015 ihrem Generalsekretär auf offener Bühne ein Deutschland-Fähnchen aus der Hand nimmt und ihn demütigt wie einen Deppen.

Es werden später noch viele Bücher erscheinen, wie es möglich werden konnte, dass eine Sozialistin CDU-Vorsitzende und Kanzlerin der Bundesrepublik  Deutschland wurde. Vielleicht findet man ja doch noch eine Akte oder Lothar de Maizière erzählt von früher. Und dass all die Männer vom „Pacto Andino“, dem Anden-Pakt, rasiert wurden von der unscheinbaren Frau aus der Uckermark mit der grauenhaften Frisur. Geschenkt!

Nun sind vier Männer am Start. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) könnte es, hat aber glaubhaft abgesagt. Jens Spahn könnte es auch, was er mit einer starken Performance als Gesundheitsminister unter Beweis stellt. Aber die Partei wird sagen: Der Jens hat Talent, aber der ist noch jung, der kann es später noch werden. Friedrich Merz könnte es auch, ein kluger Kopf und brillanter Redner. Konservativ? Ist er auch nicht, aber immerhin alte CDU. In allen Umfragen liegt er deutlich vorn, jeder Experte würde der CDU empfehlen, Merz zu wählen. Das spricht dafür, dass es bei dieser CDU dann wohl eher Armin Laschet wird, der vierte im Bunde. Er verwaltet das größte Bundesland durchaus ordentlich und hat mit Herbert Reul einen starken Innenminister an seiner Seite, der populär in der Bevölkerung ist. Außerdem ist Laschet Chef des größten Landesverbandes, der 30 Prozenht der Delegierten auf Bundesparteitagen stellt. Allerdings ist der Aachener viele Jahr lang durch eine fast peinliche Unterwürfigkeit gegenüber Merkel und ihrer Politik aufgefallen. Ein Parteichef und Bundeskanzler namens Laschet wäre das sichere Ende der Union als Volkspartei. Und bei der AfD knallen die Korken.

Vorhin erzählte mir ein Unions-Freund das neueste Gedankenspiel im Adenauer-Haus. Laschet soll Kanzler werden, Merz Bundesminister und Spahn Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nun, dann würde zumindest Ralph Brinkhaus wieder in der sechsten Reihe des Hohen Hauses Platz nehmen müssen. Das hätte was. Aber Merz Minister unter Armin Laschet? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der Sauerländer das wirklich antun will.

Aber wer sagt denn, dass Laschet überhaupt Kanzler wird, fragt mich mein Freund eben. Als Juniorpartner der Grünen nach der nächsten Bundestagswahl würde Merz dann Minister unter Robert Habeck. Das könnte passen, so lange der Grüne Merz nach der Wahlparty nicht das Deutschland-Fähnchen entreißt…

Bildquelle:

  • Annegret Kramp-Karrenbauer_3: cdu

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren

Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.