Erwarten Sie bloß keine Wahlempfehlung von mir!

von FELIX HONEKAMP

Nein, ich werde kurz vor der Bundestagswahl keine Wahlempfehlung für eine Partei abgeben. Ich bin zwar nicht in engerem Sinne ein Journalist, halte mich daher auch nicht an eine Neutralitätspflicht gebunden (von der ich froh wäre, wenn die meisten „echten“ Journalisten sie beherzigen würden), aber für eine Partei in die Bresche zu springen, von der ich nicht weiß, wie sie ihr Verhalten nach der Wahl ändern wird, dazu fehlen mir die Nerven.

Knapp die Hälfte der Wahlberechtigten in Deutschland sind hinsichtlich der Wahlentscheidung offenbar noch nicht klar. Das mag ein Grund sein für die Nervosität der großen und nicht mehr ganz so großen Parteien und für die Zuversicht der aufstrebenden kleinen Partei(en). Am Ende werden sich aber vermutlich die Effekte eher verteilen: Nicht jeder jetzt noch Unentschlossene wird am Ende die Wahl so treffen, wie manche sie erhoffen und andere sie befürchten. Überraschungen sind also nicht ausgeschlossen aber noch lange nicht garantiert.

Also, keine Wahlempfehlung und auch keine Wahlprognose von mir, aber einen Gedankengang, den ich Ihnen, liebe TheGermanZ-Leser, gerne noch ans Herz legen möchte, bevor Sie die Wahlentscheidung final treffen: „Wie hälst Du’s mit der Freiheit?“ Das ist die liberale Gretchenfrage, die man den Parteien der eigenen Wahl stellen sollte. Seit TheGermanZ gestartet ist, halten die wohl meist konservativen Leser dieser Zeitung meine liberalen Thesen aus. Aber wie sieht es mit der Entwicklung der Freiheit in der Politik aus? Und sind Sie, liebe Leserinnen und Leser, bereit, für die Freiheit auch auf Annehmlichkeiten und Sicherheiten zu verzichten, wenn sie von anderen finanziert werden sollen?

Nehmen wir den Aufruf des SPD-Kanzlerkandidaten zu einer weiteren TV-Debatte zwischen ihm und der Bundeskanzlerin. Darin soll es zum Beispiel um das Thema Digitalisierung gehen. Ganz ehrlich: Ich würde mich tatsächlich freuen, wenn die beiden dieses Thema diskutierten, dann hätte ich nämlich Futter für die nächste Kolumne: „Was erlauben Schulz und Merkel?“ würde ich die dann überschreiben und mich darüber auslassen, dass die beiden – und mit ihnen wohl die meisten anderen Parteien – planen, in diesem Thema staatliche Einflussnahmen auf Kosten der steuerzahlenden Bevölkerung vorzunehmen. Der Koalitionsvertrag der jetzigen Regierung wies 2014 eine ganze Reihe von Themen aus, bei denen man als freiheitsliebender Mensch nur den Kopf schütteln kann: Da wurde unter Überschriften wie Zeit für die Familie, Atomausstieg, Energieeffizienz, Elektromobilität, W-LAN-Breitbandausbau, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Frauenquote, Mieten und Hochwasserschutz kaum ein Bereich des Lebens ausgelassen, in den die Regierung sich nicht einmischen wollte.

Besonders prägnant ein Bericht des Focus, in dem zum Thema „Warten auf den Arzttermin“ folgendes stand: „Nach den Plänen von Union und Sozialdemokraten müssen gesetzlich Versicherte bald weniger lange auf einen Arzttermin warten. Bei Überweisung an den Facharzt sollen sie sich zukünftig an eine zentrale Terminservicestelle bei der Kassenärztlichen Vereinigung wenden können. Diese vermittelt innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin innerhalb der nächsten vier Wochen. Gelingt dies nicht, ist eine ambulante Behandlung im Krankenhaus möglich.“ Was für eine Chuzpe, was für eine Überheblichkeit, zu glauben, dieses wirtschaftlich marode Gesundheitssystem durch solche Regelungen weiter gängeln und damit verbessern zu können! Zum Glück hat man von dem Thema seither nicht mehr viel gehört.

Wenn Sie es sich also antun, Wahlprogramme zu lesen oder die Positionen der Parteien zu vergleichen, haben Sie bitte, bitte, immer ein Auge darauf, in was sich die Politik da einzumischen gedenkt. Und stellen sie sich selbst auch zwei Gretchenfragen: Wer wird das am Ende finanzieren: Nur die Nutznießer oder wird ein Partikularproblem vergesellschaftet? Und glauben Sie wirklich, dass der Staat oder eine Regierung diese Themen besser lösen kann als eine freie Gesellschaft, die einfach in Ruhe gelassen wird? Oder um noch mal auf den Themenvorschlag des SPD-Kanzlerkandidaten zurückzukommen: Die Digitalisierung dieses Landes ist in seinen Händen genauso schlecht aufgehoben wie in den Händen der Kanzlerin oder in den Händen jeder anderen Partei. Gut aufgehoben ist die Digitalisierung bei denen, die was davon verstehen und sie aus Eigeninitiative und auf eigenes Risiko nach vorne bringen.

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