Chinas Machtpolitik treibt seine Nachbarländer einander in die Arme

von TORSTEN HEINRICH

Peking – Mit seiner wachsenden wirtschaftlichen Macht greift die Volksrepublik China zunehmend zu undiplomatischen Mitteln, wenn es um die Durchsetzung seiner Interessen geht. Schon in der Vergangenheit setzte die Volksrepublik mehrfach auch militärische Mittel ein, um die Kontrolle über Inseln in den Spratleys und die ganze Gruppe der Paracel-Inseln zu übernehmen, teils mit dutzenden Toten auf der Gegenseite. Seitdem Xi Jinping das Land regiert, haben sich seine imperialen Ambitionen nur noch verstärkt.

Nach der Erklärung einer ADIZ (Air Defense Identification Zone = Luftverteidigungs-Identifikationszone) über dem Ostchinesischen Meer 2013 tauchten in staatlichen chinesischen Medien Artikel auf, die einen Anspruch der Volksrepublik auf die Ryukyu-Inseln erklärten, weil die Inseln als Teil des gleichnamigen Königreiches früher einmal  China gegenüber tributpflichtig gewesen seien. Okinawa, der Schauplatz einer schweren Schlacht am Ende des Zweiten Weltkrieges, ist die Hauptinsel dieser Inselkette und Stationierungsort amerikanischer Soldaten. Für Japan sind die Inseln ein integraler Teil ihres Mutterlandes.

Die chinesischen Forderungen scheinen dabei kaum zu weit gehen zu können, sodass selbst mit Indonesien territoriale Streitigkeiten bestehen, da die Volksrepublik Seegebiet vor den 1.600 Kilometer von dem chinesischen Staatsgebiet entfernten indonesischen Natuna-Inseln beansprucht. Die Liste der Länder, mit denen territoriale Streitigkeiten bestehen, ist so lang wie China groß ist.

Wer jedoch regelmäßig fast jeden seiner Nachbarn verärgert und unter Druck setzt, erzeugt bei diesen Nachbarn Solidarität und das Gefühl, gemeinsam in einem Boot zu sitzen. Mit der wohlwollenden Unterstützung  der USA bildet sich daher seit Jahren ein Geflecht aus immer enger werdenden Beziehungen, auch militärischer Art, zwischen den Staaten, die sich am stärksten durch die Volksrepublik bedroht sehen.

So haben sich nicht nur die Beziehungen zwischen Taiwan und Japan erheblich verbessert und den besten Stand seit vielen Jahren erreicht, zuletzt wurde auch die japanische Repräsentanz in Taiwan aufgewertet, was ihr mehr den Anschein einer Botschaft verschafft. Gleichzeitig wächst die militärische Zusammenarbeit zwischen Japan, Vietnam und Indien.

Japan, das lange Zeit jede Waffenexporte verboten hatte, liefert nun Militärflugzeuge nach Indien und hat sich bereiterklärt, auch an Vietnam Waffen zu verkaufen. Indien bildet bereits seit 2013 vietnamesische Matrosen für den Einsatz an Bord von Kilo-U-Booten aus, die Vietnam zur Abschreckung Chinas in Russland geordert hat. Und während nun auch die Ausbildung von vietnamesischen Kampfpiloten in indischen Su-30MKI erfolgt, wird im Subkontinent aktuell diskutiert, das indische Luftabwehrraketensystem Akash an Vietnam zu verkaufen.

Aus den USA wird unterdessen  eine Fertigungslinie für amerikanische F/A-18 Hornet Kampfflugzeuge in Indien in Aussicht gestellt, während die Supermacht den Transfer von hochmoderner Technik für Flugzeugträger, darunter das weltweit einzigartige elektromagnetische Katapultsystem, dem Land in Aussicht gestellt hat. Während China seine Beziehungen zu Pakistan und Sri Lanka investiert, wird Indien, das traditionell ein enger Verbündeter und Freund Russlands war, zunehmend in die Arme der Vereinigten Staaten getrieben. So sehr, dass man von Seiten Washingtons schlagkräftige indische Flugzeugträger mit modernster Technik eher als hilfreich für die Stabilität, denn als Bedrohung sieht.

Chinas Aufstieg scheint ungebrochen und unaufhaltsam zu sein. Mit seiner aggressiven Großmachtpolitik betreibt es jedoch die gleichen Fehler, die eine andere wachsende Großmacht rund 100 Jahre zuvor in Europa gemacht hatte. Wie seinerseits das wilhelminische Kaiserreich traditionelle Feinde einander zur gegenseitigen Unterstützung gegen Europas Reich in der Mitte in die Arme trieb, so betreibt auch das Reich der Mitte eine Bündnispolitik für seine Nachbarn. Es schafft sich seine eigenen Feinde selbst.

Bildquelle:

  • China_Tradition: pixabay

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